Die morgige Übernahme des EU-Ratsvorsitzes durch Österreich nimmt die Homosexuelle Initiative (HOSI) Wien zum Anlaß, die österreichische Bundesregierung einmal mehr aufzurufen, die Menschenrechte von Lesben und Schwulen ernstzunehmen und ausnahmslos zu verwirklichen.
Österreich – Schlußlicht in Europa – schränkt Niederlassungsfreiheit ein
„Erstens geht es uns darum“, erklärt HOSI-Wien-Obfrau Waltraud Riegler, „daß Österreich die rechtliche und soziale Diskriminierung von Lesben und Schwulen im eigenen Land bekämpft und beendet. Mit seiner strafrechtlichen Sonderbestimmung § 209 StGB ist Österreich heute Schlußlicht in der EU und schränkt dadurch auch das wichtige EU-Prinzip der Niederlassungsfreiheit massiv ein: Wenn ein 20jähriger Homosexueller mit einem 17jährigen Lebensgefährten zusammenlebt, ist das in allen anderen EU-Ländern legal. Will er sich mit seinem Freund in Österreich niederlassen, riskiert er hier fünf Jahre Gefängnis!“
„Ein weiteres Beispiel ist die Nichtanerkennung von in Dänemark, Schweden oder den Niederlanden legal geschlossenen Eingetragenen Partnerschaften gleichgeschlechtlicher Paare durch Österreich“, erklärt HOSI-Wien-Obmann Christian Högl. „Wenn sich solche Paare in Österreich niederlassen wollen, fallen sie hier in den Status von Fremden zurück. Das muß ihnen ungefähr dasselbe Gefühl geben, das jüdisch und nicht-jüdisch gemischte Ehepaare vor rund 60 Jahren in Österreich haben mußten, als deren Partnerschaften über Nacht ungültig und illegal wurden. Eine solche Behandlung ist unmenschlich, einer demokratischen Gesellschaft unwürdig und daher völlig inakzeptabel. Hier herrscht dringender Handlungsbedarf nicht nur in Österreich, sondern auch auf EU-Ebene.“
Österreichs Menschenrechts-Schwerpunkt unglaubwürdig
„Zweitens geht es uns darum“, erklärt HOSI-Wien-Generalsekretär Kurt Krickler, der zugleich Vorstandsvorsitzender des europäischen Lesben- und Schwulenverbandes ILGA-Europa ist, „daß Österreich sich während seiner Präsidentschaft auch um die adäquate Umsetzung des Nichtdiskriminierungsartikels im Vertrag von Amsterdam (Art. 13 EGV) bemüht. Dieser sieht vor, daß der Europäische Rat Maßnahmen zur Bekämpfung von Diskriminierung u. a. aufgrund der sexuellen Orientierung ergreift. Wir sind äußerst skeptisch, daß Österreich angesichts seines eigenen, sehr zu wünschen übrig lassenden Menschenrechtsstandards in diesem Bereich geeignet ist, hier wirklich federführend zu wirken. Vielmehr fürchten wir, daß die Menschenrechte für Lesben und Schwule unter Österreichs Präsidentschaft erheblich leiden und ihre Berücksichtigung auch auf EU-Ebene auf das österreichische Niveau absinken könnten. Das wäre umso bedenklicher, als Österreich ausgerechnet die Menschenrechte als einen Schwerpunkt für seinen EU-Vorsitz auserkoren hat.“
Menschenrechte von Lesben und Schwulen dürfen unter Österreichs Präsidentschaft nicht leiden
Die HOSI Wien ruft daher die Bundesregierung auf, die Menschenrechte, die unteilbar und universell sind, tatsächlich ernstzunehmen und während der EU-Präsidentschaft auch für die Nichtdiskriminierung von Lesben und Schwulen sowohl in Österreich als auch EU-weit einzutreten und zu arbeiten.