Homosexuelle Initiative (HOSI) Wien

1. Lesben- und Schwulenverband Österreichs

König-Abdullah-Zentrum: Dialog mit religiösen Mörderregimen?

Rechtsanwalt Wolfgang Renzl, HOSI-Wien-Generalsekretär Kurt Krickler und Eytan Reif von der Initiative „Religion ist Privatsache“

Heftige Kritik an der offiziellen Beteiligung Österreichs an der Gründung des König-Abdullah-Zentrums für interreligiösen und interkulturellen Dialog (KAICIID) übten heute vormittag im Rahmen einer Pressekonferenz Vertreter der Initiative „Religion ist Privatsache“ und der Homosexuellen Initiative (HOSI) Wien. Dabei wurde von Rechtsanwalt Wolfgang Renzl auch eine Anzeige bei der Korruptionsstaatsanwaltschaft wegen Amtsmissbrauchs in Zusammenhang mit der Errichtung des Zentrums präsentiert.

Monströse Vorstellung

Kurt Krickler, Generalsekretär der HOSI Wien, wies auf die katastrophale Menschenrechtslage im Königreich Saudi-Arabien hin. „Das Land ist ein mittelalterlicher Gottesstaat, eine Diktatur, in der ausschließlich die Scharia gilt; es ist neben dem Vatikan der einzige Staat der Welt, der die UNO-Menschenrechtskonvention nicht ratifiziert hat. Die Menschenrechte von Frauen, Kindern, religiösen und anderen Minderheiten, nicht zuletzt von Lesben und Schwulen, werden mit Füßen getreten. Außerdem ist Saudi-Arabien einer von sieben Staaten weltweit – allesamt übrigens islamisch geprägt –, in denen auf homosexuelle Handlungen die Todesstrafe steht. Für uns ist es völlig unverständlich und eine monströse Vorstellung, dass die Republik Österreich gemeinsam mit diesem Staat eine internationale Organisation aus der Taufe gehoben hat, die noch dazu in den ersten drei Jahren von diesem finanziert wird. Der Umstand, dass im Direktorium der Organisation ein schiitischer Vertreter aus dem Iran sitzt, wo seit der Machtübernahme der Ayatollahs 1979 nach Schätzungen von Menschenrechtsorganisationen rund 4000 Lesben und Schwule hingerichtet worden sind, macht die Sache keineswegs besser.“ (Vgl. auch Aussendung vom 18.7.2006)

Inquisition und Hexenverbrennung

„Wir haben ja grundsätzlich nichts gegen interreligiösen Dialog, aber den sollen sich die Religionsgemeinschaften als Nichtregierungsorganisationen doch bitte selber organisieren“, weist Krickler auf diese schiefe Optik hin. „Außerdem hätte man wenigstens auf rudimentäre Vorleistungen der Saudis bestehen können: Österreich hätte wohl auch kein entsprechendes Übereinkommen mit dem Vatikan geschlossen, wenn dort noch Inquisition und Hexenverbrennung an der Tagesordnung wären. Warum stören Bundesregierung und Nationalrat ähnliche Phänomene (Todesstrafe für den Abfall vom Glauben oder für Ehebruch) im Falle Saudi-Arabiens nicht?“, fragt sich Krickler entsetzt. „Der staatliche Segen ist auch deshalb ein äußerst problematisches Signal, weil den Religionsgemeinschaften damit wieder eine privilegierte Sonderstellung eingeräumt wird, die ihnen nicht zukommt, zumindest nicht in Österreich, wo ja – im Gegensatz zu Saudi-Arabien – eigentlich die Trennung von Kirche und Staat vorgesehen ist. Andere nichtstaatliche, politische, ideologische oder gesellschaftliche Initiativen oder Interessenvertretungen, etwa die Sozialistische Internationale oder der Gewerkschaftsbund, sind ja auch nicht als Regierungsorganisationen etabliert. Dass das KAICIID durch seinen Status auch noch diplomatische Immunität genießt und jeder außenstehenden Kontrolle damit entzogen wird, ist in diesem Zusammenhang ja noch das geringste Übel!“

„Uns stört dieser staatliche Sanctus auch deshalb, weil sich unter den Zielen des KAICIID u. E. ausdrücklich religionsmissionarische Aktivitäten finden. So heißt es im Artikel II des Gründungsübereinkommens, das Zentrum wolle „ein verantwortungsvolles Ausleben der religiösen und spirituellen Dimension (…) der Gesellschaft“ sowie „den Respekt und die Erhaltung (…) religiöser Symbole fördern“. Dies ist nun wirklich keine Aufgabe, die ein säkularer Staat in dieser Form zu unterstützen hat“, betont Krickler weiter.

Fortsetzung der Methode Haider/Gaddafi mit anderen Mitteln?

„Da es keine wirklich plausiblen und nachvollziehbaren Gründe für eine derartige rechtliche Konstruktion zwischen Österreich und einer mittelalterlichen Diktatur im Namen eines Gottes gibt, drängt sich uns der dringende Verdacht auf, dass hier auch wieder Korruption und versteckte Parteienfinanzierung im Spiel sind. Mich würde es jedenfalls nicht im geringsten wundern, wenn in ein paar Jahren irgendwelche Schmiergeldzahlungen à la EADS oder Parteienspenden nach der Methode Haider/Gaddafi ans Licht kämen.“

KAICIID-Generalsekretär Faisal Bin Abdulrahman Bin Muaammar aus Saudi-Arabien und seine Stellvertreterin Claudia Bandion-Ortner sind angetreten, den interreligiösen und interkulturellen in der Welt zu befördern. Foto: KAICIID/APA-Fotoservice/Rastegar

KAICIID-Generalsekretär Faisal Bin Abdulrahman Bin Muaammar aus Saudi-Arabien und seine Stellvertreterin Claudia Bandion-Ortner sind angetreten, den interreligiösen und interkulturellen Dialog in der Welt zu befördern. Foto: KAICIID/APA-Fotoservice/Rastegar

„Seelenhygienisch heruntergekommener Politemporkömmling“

Ein mehr als trauriges Kapitel stellt der Umstand dar, dass Ex-ÖVP-Justizministerin Claudia Bandion-Ortner auf der Pay-Roll der Saudis steht und sich mit deren Blutgeld ihr Gehalt als Vize-Generalsekretärin des KAICIID bezahlen lässt. „Das ist wirklich ein absoluter moralischer Tiefpunkt und macht einen einfach nur sprachlos“, so Krickler abschließend: „In der schwarz-blauen Regierungsära bezeichnete André Heller diese Figuren so treffend als ‚seelenhygienisch heruntergekommene Politemporkömmlinge‘ – dem ist eigentlich nichts mehr hinzuzufügen!“

 

Hinweise:

Heftige Kritik gab es schon anlässlich der Beschlussfassung über die Errichtung  des KAICIID durch den Nationalrat, u. a. in Die Presse vom 8. Juli 2012.

Die wesentlichsten Aspekte der Kritik an der Beteiligung Österreichs am KAICIID fasst auch Bloggerin Nina Scholz in einem Beitrag vom 20. November 2012 zusammen.

Siehe auch folgenden älteren Beitrag: unsere Aussendung vom 15.11.2005

Rückfragehinweis:
Kurt Krickler, Generalsekretär, Tel. 0664-57 67 466

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