Im Ehrenbeleidigungsverfahren, das der Ex-ÖVP-Abgeordnete Walter Tancsits gegen den Generalsekretär der HOSI Wien, Kurt Krickler, und die HOSI Wien angestrengt hatte, wurde heute Vormittag, 9. Juli 2007, vom Oberlandesgericht für Strafsachen Wien ein Freispruch gefällt.
Krickler hatte im Zusammenhang mit der Weigerung der ÖVP, die wegen ihrer Homosexualität verfolgten NS-Opfer ins Opferfürsorgegesetz aufzunehmen, in einer Presseaussendung im März 2005 gemeint, die ÖVP vertrete damit „eindeutig nationalsozialistisches Gedankengut“ und: „Es ist eine Schande für dieses Land, dass auch heute noch geistige Nachfahren der braunen Nazi-Schergen wie Tancsits im Parlament sitzen!“ Tancsits klagte daraufhin wegen übler Nachrede und auf Entschädigungszahlung nach dem Mediengesetz.
„Der heutige Freispruch ist ein wichtiger Sieg für die Meinungsfreiheit und die Menschenrechte in Österreich“, freut sich Krickler, der vom Wiener Rechtsanwalt Thomas Höhne von der Kanzlei Höhne, In der Maur & Partner verteidigt wurde. „Wir hoffen, dass diese Judikatur sich jetzt generell durchsetzt, damit solche existenzbedrohenden Einschüchterungsklagen durch Politiker gegen kritische NGO-VertreterInnen, Vereine und JournalistInnen, wie sie während der bleiernen Zeit der ÖVP-FPÖ-BZÖ-Regierung gang und gäbe waren, endlich aufhören. Denn auch in diesem Fall ging es uns ja um politische Kritik an der Haltung der ÖVP, und nicht darum, einen Abgeordneten in seiner persönlichen Ehre herabzusetzen.“
„Für uns war diese Sache eine grundsätzliche, und wir wären daher damit auch bis zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg gegangen, wo wir sicherlich gewonnen hätten. Österreich ist ja mittlerweile – nach der Türkei – das am häufigsten wegen Verletzung der Meinungsfreiheit verurteilte Land unter allen 47 Mitgliedsstaaten des Europarats.“
Kurze Zusammenfassung des Verfahrens
Eigentlich waren Krickler und die HOSI Wien bereits im April 2005 freigesprochen worden. Tancsits berief allerdings dagegen. Das OLG Wien hob im Jänner 2006 den Freispruch auf und verwies die Sache zurück an die erste Instanz. Das Landesgericht verurteilte daraufhin im April 2006 Krickler zu einer auf drei Jahre bedingten Geldstrafe von € 240,– sowie die HOSI Wien zu einer Entschädigungszahlung an Tancsits in der Höhe von € 1.500,–. Dagegen legten wiederum Krickler und die HOSI Wien Berufung ein, woraufhin nun heute der endgültige Freispruch erfolgte.
Weitere Hintergrundinformationen auch auf: www.hosiwien.at/sos
Montag, 9. Juli 2007 um 20:36 Uhr
Gratuliere! Ein Hoffnungsschimmer für die österreichische Justiz.
Herzlichen Gruß
Die Wienerin die den Papst beleidigt hat
Dienstag, 17. Juli 2007 um 01:48 Uhr
Ich hatte irgendwie im Gefühl, dass es sich lohnen würde wieder einmal auf die HOSIpage einen Blick zu werfen. Eine gute Nachricht. Gratulation.
Politiker die keine (heftige) Kritik vertragen, sollten besser zurücktreten und Steuerberater oder Spekulanten werden.
Dass in der österreichischen Politik mit Kritik schlecht oder gar nicht umgegangen wird, kann man leider zu oft sehen und hören.
Donnerstag, 9. August 2007 um 09:59 Uhr
Jemanden als “geistigen Nachfahren der braunen Nazi-Schergen” zu bezeichnen würde ich eher schwere Entgleisung denn “heftige Kritik” nennen. Das Bestehen auf diesem Gossenniveau hat mit Kampf für Meinungsfreiheit nicht das Geringste zu tun. Und die HOSI erweist den Lesben und Schwulen einmal mehr einen Bärendienst.