In Beantwortung des Schreibens der Homosexuellen Initiative (HOSI) Wien, mit dem sie den am 6. August 2012 von der Initiative „Religion ist Privatsache“ eingebrachten Antrag auf Aufhebung der gesetzlichen Anerkennung der russisch-orthodoxen Kirche (ROK) unterstützt hat (vgl. Aussendung vom 14. September 2012), ließ uns die zuständige Bundesministerin Claudia Schmied am 4. Oktober mitteilen, dass eine derartige Aufhebung im Gesetz nicht vorgesehen sei.
Dies bedeutet, dass die ROK nur durch entsprechende Änderung bzw. Abschaffung des „Bundesgesetzes über äußere Rechtsverhältnisse der griechisch-orientalischen Kirche in Österreich“ ihren Status als gesetzlich anerkannte Kirche in Österreich verlieren kann. Der Gesetzgeber hat offenbar alles getan, um eine demokratische Kontrolle dieser Kirchen oder gar eine Aberkennung ihres offiziellen Status zu verunmöglichen. Deshalb haben sich die beiden Initiativen entschlossen, als ersten Schritt die anti-demokratischen und im Widerspruch zur Europäischen Menschenrechtskonvention stehenden Aktivitäten dreier orthodoxer Kirchen in einer ausführlichen Sachverhaltsdarstellung dem Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) anzuzeigen, und dieses ersucht, entsprechende Überprüfungen durchzuführen.
Seit dem Vorjahr ist es in Österreich aufgrund des novellierten § 283 StGB eine Straftat, die mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren zu ahnden ist, wenn jemand für eine breite Öffentlichkeit wahrnehmbar u. a. gegen eine aufgrund ihrer sexuellen Orientierung definierte Gruppe von Personen zu Gewalt auffordert, aufreizt, hetzt oder sie in einer die Menschenwürde verletzenden Weise beschimpft. „Und genau das tun die orthodoxen Kirchen Russlands, Serbiens und Bulgariens, deren Vertreter regelmäßig das Verbot der Regenbogenparaden in diesen Ländern fordern bzw. im Fall Bulgariens dieses Jahr sogar zur Gewalt gegen die ParadenteilnehmerInnen in Sofia aufgerufen haben“, begründet HOSI-Wien-Generalsekretär Kurt Krickler die Befassung des Verfassungsschutzes. „Die orthodoxen Kirchen in diesen Staaten fordern also, Lesben, Schwulen und Transgenderpersonen grundlegende Menschenrechte wie das Recht auf Versammlungsfreiheit und freie Meinungsäußerung nicht zu gewähren. Besonders erschwerend ist das im Fall der Wiederholungstäterin ROK, zumal Russland im Vorjahr bereits in drei Fällen wegen der Untersagung der Gay-Pride-Parade in Moskau vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg verurteilt worden ist.“ (Beschwerden Nr. 4916/07, 25924/08, 14599/09).
Solidarität mit der LSBT-Bewegung in diesen Ländern
„Für uns ist es daher in erster Linie ein Akt der Solidarität mit der LSBT-Bewegung in diesen Ländern, immer wieder auf die verfassungswidrigen, antidemokratischen, menschenrechtsfeindlichen homophoben Angriffe und Aktivitäten dieser orthodoxen Kirchen hinzuweisen. Deren österreichische Ableger sind von ihrer jeweiligen Mutterkirche völlig abhängig, daher müssen sich auch die österreichischen Behörden für diese Aktivitäten interessieren. Und da die russisch-orthodoxe Kirche jüngst begonnen hat, auch im Ausland homophobe Aktivitäten zu setzen – wie etwa anlässlich der diesjährigen Regenbogenparade in Reykjavík – müssen wir auch in Österreich wachsam sein und den Anfängen wehren. Jedenfalls ist es unerträglich und nicht hinnehmbar, dass diese homophoben und antidemokratischen Kirchen in Österreich unerhörte Privilegien genießen“, so Krickler weiter.
Kriminelle Organisation?
„Gerade, was die russisch-orthodoxe Kirche betrifft, scheinen uns alle Kriterien erfüllt zu sein, die im Sinne des § 278a StGB eine kriminelle Organisation definieren, weshalb wir das BTV auch aufgefordert haben, dies im Lichte der strafrechtlich relevanten Aktivitäten der ROK näher zu überprüfen“, betont Krickler. Laut § 278a StGB ist mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis fünf Jahren zu bestrafen, wer „eine auf längere Zeit angelegte unternehmensähnliche Verbindung“ gründet, „die, wenn auch nicht ausschließlich, auf die wiederkehrende und geplante Begehung schwerwiegender strafbarer Handlungen, die das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die Freiheit oder das Vermögen bedrohen (…), ausgerichtet ist, und dadurch (…) erheblichen Einfluss auf Politik (…) anstrebt und die andere (…) einzuschüchtern (…) sucht.“
„Es geht uns ausdrücklich nicht darum“, betont Krickler abschließend, „dass das BVT die ökonomischen Aktivitäten der ROK, die ja auch ein veritables Wirtschaftsimperium ist, unter die Lupe nimmt.“ Allein das private (!) Vermögen von Patriarch Kyrill I., des Oberhaupts der ROK, soll sich konservativen Schätzungen zufolge ja auf mindestens 200 Millionen US-Dollar belaufen. Manche Berichte (z. B. „Die Presse“ vom 14. August 2012) nennen sogar die unvorstellbare Summe von fünf Milliarden Dollar. „Egal, welche dieser Summen stimmt – uns scheint es schwer vorstellbar, dass Kyrill I. selbst ‚bloß‘ 200 Millionen allein durch ehrliche Arbeit verdient hat.“
HINWEIS: Sachverhaltsdarstellung_ans_BVT.pdf
Rückfragehinweis:
Kurt Krickler, Generalsekretär, Tel. 0664-57 67 466