Heute nachmittag hat die Parlamentarische Versammlung des Europarats in Straßburg mit großer Mehrheit (95 Ja-Stimmen gegen 29 Nein-Stimmen bei 9 Enthaltungen) eine historische Entschließung verabschiedet.
Die Versammlung fordert darin die 41 Mitgliedsstaaten des Europarats auf, u. a. Antidiskriminierungsbestimmungen zu schaffen, die auch „sexuelle Orientierung“ als Schutzkategorie enthalten, ungleiche Mindestaltersgrenzen für homo- und heterosexuelle Handlungen abzuschaffen und gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften durch das Rechtsinstitut der Eingetragenen Partnerschaft rechtlich anzuerkennen.
„Diese Resolution, die für die 41 Mitgliedsstaaten allerdings nicht bindend ist, ist ein historisches Dokument“, erklärt HOSI-Wien-Obfrau Waltraud Riegler, „denn man muß bedenken, daß im Europarat 41 Staaten vertreten sind, auch fast alle ehemaligen Ostblockländer, darunter etwa Rußland, Moldawien oder Georgien. Und die Inhalte der Entschließung sind in der Tat sensationell, insbesondere die Forderung an alle Staaten, gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften durch Schaffung des Rechtsinstituts der Eingetragenen Partnerschaft anzuerkennen.“
Dringender Handlungsbedarf für Österreich
Keineswegs Musterland der Menschenrechte
„Wir hoffen“, ergänzt HOSI-Wien-Obmann Christian Högl, „daß Österreich jetzt endlich handeln wird – alle drei Forderungen richten sich nämlich auch an Österreich, das in diesem Bereich unter den 41 Staaten zu den absoluten Schlußlichtern zählt. Nur mehr eine kleine Minderheit hat – wie Österreich mit § 209 – noch diskriminierende Bestimmungen gegen Homosexuelle im Strafrecht. Österreich wird auch namentlich deswegen im Bericht erwähnt, den der ungarische Abgeordnete Csaba Tabajdi in Vorbereitung der Entschließung erstellt hat. Damit wird die Liste jener internationalen Gremien und Resolutionen, die Österreich direkt oder indirekt auffordern, § 209 abzuschaffen, immer länger. Zuvor hatten bereits die Europäische Menschenrechtskommission, der UNO-Ausschuß für Menschenrechte und das Europäische Parlament derartige Aufforderungen ausgesprochen. Österreich, das sich selbst so gerne als Musterland der Menschenrechte darstellt, hat jedoch diese Aufforderungen bisher konsequent ignoriert.“
Historische Entschließung für Europas Lesben und Schwule
„Die Verabschiedung der Entschließung, die übrigens auf eine Initiative der SPÖ-Abgeordneten Irmtraut Karlsson zurückgeht, ist auch ein großer Erfolg für die europäische Lesben- und Schwulenbewegung, die ein großangelegtes und konzertiertes Lobbying in ganz Europa durchgeführt hat“, erklärt HOSI-Wien-Generalsekretär Kurt Krickler, der auch Vorstandsvorsitzender des europäischen Lesben- und Schwulenverbands ILGA-Europa ist. „ILGA-Europa und ihre Mitgliedsorganisationen in den Europaratsstaaten haben den Berichterstatter mit umfangreichen Informationen über die Situation von Lesben und Schwulen in allen 41 Staaten versorgt und auch die Vorbereitung und Durchführung einer Anhörung im Menschenrechtsunterausschuß der Parlamentarischen Versammlung im Oktober 1999 in Paris unterstützt. Für Lesben und Schwule in ganz Europa ist diese Entschließung ein historisches Ereignis.“