„Zuerst die aus feministischer Warte nur als perfid zu bezeichnende Etablierung einer Männer-Abteilung in seinem Ministerium, und nun diese Anbiederung an Schwule“, schüttelt HOSI-Wien-Obfrau Helga Pankratz über Sozialminister Herbert Haupts jüngstes Werben um Homosexuelle den Kopf.
„Erklärbar ist das wohl nur mit den schlechten FP-Umfragewerten für die Wiener Wahlen in zwei Wochen. Schließlich punkten in diesem Wahlkampf zur Zeit genau jene Parteien, die versprechen, sich für ein besseres Klima für Frauen, MigrantInnen, Lesben, Schwule und Transgender-Personen einzusetzen.“
Haupt hatte Anfang der Woche angekündigt, die neu einzurichtende Männer-Abteilung in seinem Ministerium werde auch Anlaufstelle für Schwule sein. Gestern hat er in den Oberösterreichischen Nachrichten erklärt, Diskriminierungen von Homosexuellen im Mietrecht beseitigen zu wollen. „Die Absicht ist wirklich zu offensichtlich, daher werden diese Signale bei den angepeilten EmpfängerInnen nicht ankommen. Die Schwulen werden diesem durchsichtigen ‚Liebeswerben‘ wohl nicht auf den Leim gehen. – Aber immerhin scheint die FPÖ damit der ÖVP eines voraus zu haben: Sie hat Lesben und Schwule – gerade in den größeren Städten – als auch entscheidendes WählerInnenpotential entdeckt.“
Leicht durchschaubare Manöver
„Allerdings müssen die Botschaften auch halbwegs glaubwürdig sein“, meint HOSI-Wien-Obmann Christian Högl. „Lesben und Schwule lassen sich nicht für dumm verkaufen. Schwule Männer brauchen keine Stelle im Ministerium, die ihnen bei Liebeskummer oder Diskriminierungen Trost spendet. Statt Symptome zu bekämpfen, müssen die Grundübel beseitigt werden, und zwar vom Nationalrat, nämlich die gesetzlichen Diskriminierungen und Ungleichbehandlungen. Außerdem beschränken sich Haupts Vorschläge auf Bereiche, wo die Regierung ohnehin mit dem Rücken zur Wand steht. Am 5. März etwa ist die der Regierung vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gesetzte Frist abgelaufen, sich für die lesben- und schwulendiskriminierende Auslegung des Mietrechts zu rechtfertigen. Wir sind sehr optimistisch hinsichtlich dieser Straßburg vorliegenden Beschwerde über das hinterbliebenen gleichgeschlechtlichen LebensgefährtInnen verwehrte Eintrittsrecht in den Mietvertrag des verstorbenen Hauptmieters und sehen daher in Haupts Vorschlag nur ein Rückzugsgefecht der Regierung. Außerdem scheint Haupt hier die Rechnung ohne die ÖVP-Wirtin zu machen – Abgeordnete Maria Fekter hatte erst am 13. Februar in einem Gespräch mit der HOSI Wien kategorisch ausgeschlossen, das Eintrittsrecht im Mietrecht auszuweiten – aus Gleichheitsgründen würde wohl das Eintrittsrecht für heterosexuelle LebensgefährtInnen eher abgeschafft, als für homosexuelle eingeführt werden.“
Mangelndes Menschenrechtsbewußtsein
„Dasselbe gilt für den § 209“, ergänzt HOSI-Wien-Generalsekretär Kurt Krickler. „Da Haupt hier ‚nicht zu radikal‘ vorgehen will, wie die OÖN gestern berichteten, erweist er sich selbst bei diesen Stimmenfangversuchen wie seine Regierungs- und ParlamentskollegInnen von der ÖVP als den Menschenrechten nicht wirklich verpflichtet. § 209 ist eine Menschenrechtsverletzung – das haben die dazu berufenen Menschenrechtsorgane wie die Europäische Menschenrechtskommission und der UNO-Ausschuß für Menschenrechte festgestellt. Eine solche nicht radikal beseitigen zu wollen – nachdem bereits wegen § 209 Verfolgte von Amnesty International als Gewissensgefangene anerkannt werden und in Schweden Asyl erhalten könnten – zeugt von mangelndem rechtsstaatlichem Bewußtsein.“
Keine Brösel, den ganzen Kuchen!
„Wir sind jedenfalls leicht verstimmt darüber, daß Haupt Lesben und Schwule offenkundig für so dumm hält, daß sie diese Absichten nicht durchschauen“, meint Pankratz weiter, „das ist wirklich eine Beleidigung unserer Intelligenz.“
„Wenn Haupt konkret, ernsthaft und glaubwürdig etwas für Lesben und Schwule tun will“, ergänzt Högl, „hier unsere zentralen Anliegen: sofortige ersatzlose Streichung des § 209, Einführung eines umfassenden Antidiskriminierungsgesetzes und Einführung der Eingetragenen Partnerschaft nach skandinavischem Modell. Lächerliche Teilaspekte wie bloßes Herumdoktern am § 209 oder Reformen einzelner Bestimmungen des Mietrechts, die höchstwahrscheinlich ohnehin bald, weil menschenrechtswidrig, aufgehoben werden müssen, sind weder der Erwähnung noch der Mühe noch der Aufregung wert.“