In einer Medienaussendung haben gestern die französischen Grünen den Umstand kritisiert, dass Österreich die homosexuellen NS-Opfer immer noch nicht wie andere Opfergruppen nach dem Opferfürsorgegesetz (OFG) anerkennt und entschädigt. Frankreichs Grüne haben daher Präsident Jacques Chirac ersucht, den heutigen Besuch Bundeskanzler Schüssels in Paris zum Anlass zu nehmen, die österreichische Bundesregierung aufzufordern, die wegen ihrer Homosexualität vom NS-Regime Verfolgten genauso wie die anderen Opfergruppen – nämlich im OFG – anzuerkennen.
„Durch die starre, unverständliche und wirklich nicht mehr nachvollziehbare Haltung der ÖVP steht Österreich im Ausland wieder als ein Land da, das seine NS-Vergangenheit immer noch nicht vollständig aufgearbeitet hat“, erklärt dazu Christian Högl, Obmann der Homosexuellen Initiative (HOSI) Wien. „Österreichs vor fünf Jahren entstandene Image-Probleme sind ja längst nicht vorbei, auch wenn die Besuche Schüssels in Paris und Kanzlers Schröders morgen in Wien von vielen Medien in patriotischer Aufwallung jetzt gerne als Beweis für das Gegenteil angeführt werden. Aber wie z. B. die Abwahl Walter Schwimmers (ÖVP) vom Posten des Generalsekretärs des Europarats im Vorjahr zeigt, kann längst keine Rede von einer Normalisierung sein.“
„Es kann doch 60 Jahre nach Befreiung vom Nationalsozialismus der ÖVP wirklich kein Stein aus der Krone fallen, auch den homosexuellen NS-Opfern einen Rechtsanspruch auf Entschädigung nach dem OFG zuzuerkennen“, meint Obfrau Bettina Nemeth. „Die 1995 erfolgte Berücksichtigung im Nationalfondsgesetz kann die Anerkennung im OFG nicht ersetzen. Der Nationalfonds kann bedürftigen Opfern Leistungen gewähren, dabei handelt es sich also um eine Art Almosen, aber um keinen Rechtsanspruch der Betroffenen!“