Homosexuelle Initiative (HOSI) Wien

1. Lesben- und Schwulenverband Österreichs

HOSI Wien fordert Entschädigung für homosexuelle NS-Opfer – Offener Brief an Bundesparteiobmänner von ÖVP und FPÖ

ÖVP und FPÖ betrachten die wegen ihrer Homosexualität vom Nazi-Regime verfolgten Menschen offenkundig noch immer als „gewöhnliche Kriminelle“, da Homosexualität vor 1938 und nach 1945 verboten war.

Anlässlich des morgigen nationalen Gedenktags gegen Gewalt und Rassismus im Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus fordert die Homosexuelle Initiative (HOSI) Wien ÖVP und FPÖ auf, endlich für die Anerkennung der wegen ihrer sexuellen Orientierung verfolgten NS-Opfer nach dem Opferfürsorgegesetz (OFG) zu sorgen. Seit 1995 – zuletzt im Vorjahr – scheitert diese Anerkennung am kategorischen Nein von ÖVP und FPÖ im Nationalrat.

„ÖVP und FPÖ“, erklärt HOSI-Wien-Obfrau Helga Pankratz, „betrachten die wegen ihrer Homosexualität vom Nazi-Regime verfolgten Menschen offenkundig noch immer als ‚gewöhnliche Kriminelle‘, da Homosexualität vor 1938 und nach 1945 verboten war. Nach Meinung von ÖVP und FPÖ haben Lesben und Schwule anscheinend ihre Inhaftierung und Ermordung im KZ rechtmäßig verdient.“ Im Widerspruch zu dieser Auffassung hat die Historikerkommission in ihrem Schlussbericht vom Jänner 2003 kritisiert, dass nach Aufhebung des Verbots der Homosexualität 1971 keine rückwirkende Einbeziehung dieser Gruppe ins OFG erfolgte und „dass auf Grund formalrechtlicher Erwägungen sogar die Anhaltung im Konzentrationslager, die keinesfalls als rechtsstaatliche Maßnahme betrachtet werden kann, im Sinne einer Bestrafung nach österreichischem Recht interpretiert wurde“ (S. 342).

ÖVP und FPÖ vertreten NS-Gedankengut

„Mit ihrer Haltung sorgen ÖVP und FPÖ nicht nur für Kontinuität der NS-Verfolgung bis heute“, ergänzt HOSI-Wien-Obmann Christian Högl, „sondern damit bagatellisieren sie auch die NS-Verbrechen insgesamt. Es ist ein fatales Signal an die Jugend, bestimmten Gruppen von NS-Opfern den Rechtsanspruch auf Entschädigung zu verweigern und damit zum Ausdruck zu bringen, diese Gruppen seien zu Recht verfolgt und umgebracht worden. Es ist höchste Zeit, dass ÖVP und FPÖ diesen Resten nationalsozialistischen Gedankenguts abschwören. Solange sie dazu nicht bereit sind, sind ihre VertreterInnen auch völlig unglaubwürdig, wenn sie an Gedenkveranstaltungen teilnehmen.“

ÖVP und FPÖ verletzen Gefühle der Opfer

„Für uns wäre eine solche Teilnahme von ÖVP- oder FPÖ-VertreterInnen eine unerträgliche Verhöhnung der Opfer und all jener Gedenkenden, deren antifaschistische Haltung keine Einteilung zulässt in NS-Opfer, die ihre Verfolgung verdient hätten, und NS-Opfer, die als solche anerkannt werden“, betont Pankratz weiter. „Deshalb haben wir in Offenen Briefen ÖVP-Obmann Schüssel und FPÖ-Obmann Haupt auch aufgefordert, dafür zu sorgen, dass VertreterInnen ihrer Parteien von derartigen heuchlerischen Provokationen bei den bevorstehenden Gedenkveranstaltungen Abstand nehmen, insbesondere bei der Gedenkkundgebung im ehemaligen KZ Mauthausen am kommenden Sonntag. Wir haben auch an Landeshauptmann Josef Pühringer appelliert, in diesem Sinne von einer Teilnahme abzusehen und sich stattdessen innerhalb der ÖVP für eine Haltungsänderung einzusetzen.“

„Erst wenn sich ÖVP und FPÖ dazu durchringen, auch die wegen ihrer Homosexualität verfolgten NS-Opfer in gleicher Weise wie alle anderen Opfergruppen anzuerkennen, können ihre VertreterInnen die Glaubwürdigkeit und moralische Integrität gewinnen, die eine überzeugende anti-nazistische Haltung voraussetzt“, meint Högl abschließend.

HINWEISE:
Helga Pankratz und Christian Högl werden morgen auf der Gedenkveranstaltung im Rahmen des Projekts „A Letter To The Stars“ am Wiener Heldenplatz für die 4000-5000 österreichischen Opfer, die wegen ihrer sexuellen Orientierung von den Nazis verfolgt wurden, ein Statement verlesen.

Die Offenen Briefe an Schüssel, Haupt und Pühringer sind hier abrufbar, Hintergrundinformationen über die österreichische Skandal-Chronik der verhinderten Entschädigung der homosexuellen NS-Opfer finden sich in der Online-Auststellung „Aus dem Leben“.

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