„Die Homosexuelle Initiative (HOSI) Wien begrüßt den vergangenen Freitag vorgelegten Entwurf für eine EU-Verfassung“, erklärt Generalsekretär Kurt Krickler, der auch Vorstandsvorsitzender des europäischen Lesben- und Schwulenverbands ILGA-Europa ist. „Wir sind höchst zufrieden, dass sich die EU bei den Werten, auf die sie sich gründet (Artikel I-2), ausdrücklich zur ‚Gleichheit‘ aller Menschen sowie zu ‚Toleranz‘ und ‚Nichtdiskriminierung‘ bekennt. Darüber hinaus sieht der Entwurf im Artikel I-3, in dem die Ziele der Union aufgezählt werden, die Bekämpfung von Diskriminierungen vor.“ Konkretisiert wird dieses Ziel folglich im Teil III betreffend die Politikbereiche und Arbeitsweise der Union, wo es im neu eingefügten Artikel III-1a heißt: „Bei der Festlegung und Durchführung der Politik und der Maßnahmen in den in diesem Teil der Verfassung genannten Bereichen zielt die Union darauf ab, Diskriminierungen u. a. aufgrund der sexuellen Orientierung zu bekämpfen.“
„Die umfassende Berücksichtigung unserer Anliegen ist dem intensiven gemeinsamen Lobbying zahlreicher Sozial- und Menschenrechts-NGOs auf europäischer und nationaler Ebene zu verdanken, dem sich auch die ILGA-Europa und die HOSI Wien angeschlossen hat“, freut sich Krickler weiter. „In früheren Entwürfen war die Berücksichtigung von Gleichheit und Nichtdiskriminierung nicht in dieser Form in diesen Schlüsselartikeln über die Werte und Ziele der Union vorgesehen. Erst in Folge der großangelegten Kampagne der NGOs wurden die Formulierungen entsprechend abgeändert.“
Weitere Verbesserungen notwendig
„Allerdings sind wir noch nicht ganz zufrieden“, ergänzt HOSI-Wien-Obmann Christian Högl. „Der bisherige Artikel 13 EG-Vertrag, in dem seit dem Amsterdamer Vertrag die Bekämpfung von Diskriminierung u. a. aufgrund der sexuellen Orientierung geregelt ist, soll nur unverändert als Artikel III-5 in die EU-Verfassung übernommen werden. Die bisherige Fassung sieht die Verabschiedung von Maßnahmen auf Basis dieser Bestimmung durch einstimmigen Beschluss im Rat vor, und auch das Europäische Parlament wird dabei nur angehört. Viele NGOs aus den Bereichen Anti-Rassismus, Behinderung und Alter sowie Lesben- und Schwulenverbände fordern jedoch die Beschlussfassung von Maßnahmen zur Bekämpfung von Diskriminierung mittels qualifizierter Mehrheit im Rat und durch das Mitentscheidungsverfahren mit dem EP. Wenn die EU im nächsten Jahr 25 Mitglieder hat, werden wohl kaum mehr Maßnahmen in diesem Bereich einstimmig im Rat angenommen werden. Entscheidungen mit qualifizierter Mehrheit sollen ja wegen der schwierigen Einstimmigkeit bei 25 Regierungen daher auch zum Normalfall werden. Es ist nicht einzusehen, dass ausgerechnet bei der Nichtdiskriminierung davon abgewichen wird. Die HOSI Wien hat jedenfalls an die fortschrittlichen Konventsmitglieder aus Österreich – Maria Berger und Caspar Einem (SPÖ) und Johannes Voggenhuber (Grüne) – geschrieben und sie aufgefordert, entsprechende Abänderungsanträge einzubringen, was noch bis 23. Juni möglich ist, da der Entwurf für Teil III der Verfassung noch nicht zur Gänze fertig ist.“