Die Homosexuelle Initiative (HOSI) Wien weist entschieden den Versuch des Vatikans zurück, weltweit gegen die rechtliche Anerkennung gleichgeschlechtlicher PartnerInnenschaften mobil zu machen. Wie im Vorfeld der für morgen angekündigten Veröffentlichung eines entsprechenden Papiers der römisch-katholischen Glaubenskongregation bekannt wurde, sollen katholische PolitikerInnen aufgerufen werden, sich „unmoralischen“ Gesetzen zu widersetzen, durch die homosexuelle PartnerInnenschaften ermöglicht würden.
Rückfall ins tiefste Mittelalter
„Das ist ein Rückfall ins tiefste Mittelalter“, kommentiert HOSI-Wien-Obfrau Helga Pankratz diesen unerhörten Vorstoß von Kardinal Ratzinger & Co. „Die römisch-katholische Kirche hat offenbar immer noch nicht begriffen, dass in den aufgeklärten und pluralistischen Gesellschaften außerhalb des Vatikans Trennung von Kirche und Staat herrscht oder es eine Staatskirche gibt. Niemand will der römisch-katholischen Kirche bei der kirchlichen Trauung dreinreden, aber genauso erwarten wir, dass die Kirche sich bei der staatlichen Eheschließung raushält. Diese versuchte Einflussnahme auf demokratisch gewählte Parlamente ist unerträglich, wird aber auch gläubige DemokratInnen vor den Kopf stoßen und im Endeffekt kontraproduktiv sein. Es ist inakzeptabel, dass die katholische Kirche auf diese Weise gegen die Gleichberechtigung und Gleichstellung aller Menschen arbeitet.“
„Wenn sie so weitermacht“, ergänzt HOSI-Wien-Obmann Christian Högl, „wird die römisch-katholische Kirche noch stärker Mitglieder verlieren, weil sich immer mehr Menschen von solchen Haltungen und Aktionen angewidert abwenden, und zu einer fundamentalischen Sekte verkommen, die niemand mehr ernst nehmen kann. Die Vorstellung bzw. das Argument, die Diskriminierung und Ungleichbehandlung von Lesben und Schwulen sei notwendig, um die traditionelle Familie zu schützen, ist nicht nur unsinnig und lächerlich, sondern wurde erst vorige Woche auch in der denkwürdigen Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in der Beschwerde Karner gegen Österreich als nicht mit der Menschenrechtskonvention vereinbar zurückgewiesen.“ (Vgl. Aussendung vom 24. Juli 2003.)
Neues Bischofs-Outing möglich
„Sollte es die katholische Kirche in Österreich wagen, sich auf Basis dieses Ratzinger-Ergusses in dieser Frage wieder massiv in die Innenpolitik einzumischen, kann ich mir durchaus ein neues Bischofsouting vorstellen“, erklärt HOSI-Wien-Generalsekretär Kurt Krickler, der vor genau acht Jahren, am 1. August 1995, die homosexuellen Neigungen von vier österreichischen Bischöfen geoutet hat. „Denn es gibt ja noch mehr als die vier damals genannten. Wenn dieses Mittel das einzige ist, um die Kirche in ihrem undemokratischen und menschenrechtswidrigen Tun in die Schranken zu weisen, dann werde ich auch wieder zu diesem Mittel greifen. Die Zeiten, da die römisch-katholische Kirche ungestraft auf den Menschenrechten von Lesben und Schwulen herumtrampeln konnte, sind endgültig vorbei. Wir nehmen das nicht mehr widerstandslos hin.“