„Wir appellieren an Österreichs grüne und SP-Abgeordnete zum Europäischen Parlament, einer EU-Kommission, der Rocco Buttiglione angehört, unter allen Umständen die Zustimmung zu verweigern, in dieser Sache keine faulen Kompromisse einzugehen und innerhalb ihrer Fraktionen für eine geschlossene Ablehnung einer solchen Kommission bei der Wahl am kommenden Mittwoch nachdrücklich zu werben“, erklärt Christian Högl, Obmann der HOSI Wien.
„Politiker, die die Grund- und Menschenrechte bestimmter Personen und Gruppen nicht achten, sind für eine derartige Funktion schlicht und einfach ungeeignet. Wir haben nicht das geringste Vertrauen in Buttigliones Beteuerungen, seine privaten moralischen Ansichten zur Homosexualität und zur Rolle der Frau würden keinen Einfluss auf seine Arbeit als EU-Kommissar haben, denn seine diesbezügliche Vergangenheit beweist das Gegenteil.“
Provokation Berlusconis
„Als Mitglied des Europäischen Parlaments“, so Högl weiter, „ist Buttiglione für die Streichung von ‚sexueller Orientierung‘ als Nichtdiskriminierungsgrund aus der EU-Charta der Grundrechte eingetreten und hat einen diesbezüglichen Antrag im Rahmen des EU-Verfassungskonvents gestellt. Als italienischer Europaminister hat er die vollständige Umsetzung der EU-Antidiskriminierungsrichtlinie 78/2000 in italienisches Recht torpediert und EU-rechtswidrig die Ausnahme ermöglicht, dass nun im Militär, in der Polizei, in der Gefängnisverwaltung und bei Sozialdiensten MitarbeiterInnen vor Diskriminierung aufgrund ihrer sexuellen Orientierung nicht geschützt sind. Buttiglione hat also selbst die Durchsetzung von EU-Recht unterlaufen, und jetzt soll ausgerechnet er als Mitglied der EU-Kommission, die ja als Hüterin der EU-Verträge genau dafür verantwortlich ist, auf die Einhaltung von EU-Recht durch die Mitgliedsstaaten pochen? Buttigliones Nominierung ist von Anfang an eine bewusste Provokation und Verhöhnung der EU-Institutionen durch Berlusconi gewesen. Hier würde der Bock zum Gärtner gemacht!“
Schnapsidee würde „Ziege zur Gärtnerin“ machen
„Wir halten es auch für eine ausgesprochene Schnapsidee, Buttiglione im sensiblen Bereich der Grundrechte ein Team von vier Aufpasser-KommissarInnen zur Seite zu stellen, dem auch ausgerechnet Benita Ferrero-Waldner angehören soll“, ergänzt HOSI-Wien-Obfrau Bettina Nemeth. „Ferrero-Waldner hat als Mitglied der Bundesregierung ebenfalls dafür gesorgt, dass homosexuellen BürgerInnen ihre Grundrechte als EU-BürgerInnen beschränkt worden sind. Bekanntlich anerkennt Österreich keine im Ausland geschlossenen gleichgeschlechtlichen Ehen und verwehrt in der Folge EU-BürgerInnen, die sich in Österreich niederlassen wollen, EU-rechtswidrig den Nachzug ihrer EhegattInnen aus Nicht-EWR-Staaten. Auch hier würde man die ‚Ziege zur Gärtnerin‘ machen“, kann Nemeth nur den Kopf schütteln.
Religionsfreiheit muss auch Freiheit von Religion bedeuten
„Es ist hochgradig lächerlich und eine ziemliche Chuzpe, wenn der Vatikan und seine Marionette Buttiglione jetzt von ‚Inquisition‘ sprechen und die Ablehnung grundrechtsfeindlicher Politiker mit Antisemitismus vergleichen. Niemand will Buttiglione das Recht auf seine eigenen moralischen und religiösen Überzeugungen absprechen“, meint Nemeth weiter, „aber religiöse Überzeugungen sollten ausschließlich innerhalb der Kirche ausgelebt werden und nicht in der Politik oder EU-Kommission. Religionsfreiheit muss auch bedeuten, dass Leute, die nicht an Gott glauben und keinerlei religiöse Überzeugung haben, in ihrem Alltag nicht ständig mit den religiösen Überzeugungen anderer Menschen belästigt werden. Die katholische Kirche muss endlich zur Kenntnis nehmen, dass die Zeiten der Missionstätigkeit vorbei sind. Und die aufgeklärte Politik muss endlich die Kirchen konsequent in ihre Schranken weisen und den Nichtgläubigen ihre Freiheit von Religion garantieren!“
HINWEIS: Die Organisation Catholics for a Free Choice hat aus aktuellem Anlass ein Hintergrundpapier zu Buttiglione (in englischer Sprache) erstellt.