„Glauben Sie mir, meine zärtliche und würdige Freundin, daß unsere Trennung mir ein großes Opfer ist und ich unsere liebliche Freundschaft durchaus zu schätzen weiß. Ich denke tausend Mal an Sie und die entzückenden Momente, die mir Ihre liebliche Gesellschaft gebracht hat“, schreibt die Habsburger-Kaiserin Leopoldine von Brasilien an ihre Hofdame Maria Graham, die schon nach 25 Tagen auf Drängen des Kaisers den Hof Hals über Kopf wieder verlassen mußte, da ihre Beziehung zur Kaiserin offenbar zu intim geworden war. Aus Grahams Tagebüchern wiederum geht eindeutig hervor, daß sie die Zuneigung der Kaiserin erwiderte.
„Die kommenden Mittwoch im Schloß Schönbrunn beginnende Ausstellung über Kaiserin Leopoldine von Brasilien (1797-1826) will die Homosexuelle Initiative (HOSI) Wien zum Anlaß nehmen, auf diesen Aspekt in der Persönlichkeit Leopoldines hinzuweisen“, erklärt HOSI-Wien-Obfrau Waltraud Riegler, „denn nur allzu oft wird die gleichgeschlechtliche Sexualität großer Persönlichkeiten in einer veritablen ‚Verschwörung gegen die Homosexualität‘ in der Mainstream-Geschichtsschreibung totgeschwiegen.“ Ein Schicksal, das auch ein weiterer Jubilar, der heuer seinen 200. Geburtstag feiert, teilt: Franz Schubert.
In der neuesten Ausgabe der HOSI-Wien-Zeitschrift LAMBDA-Nachrichten (2/97, erschienen Anfang April) dokumentiert der brasilianische Universitätsprofessor Luiz Mott in einem Aufsatz die Hinweise auf die lesbische Beziehung Kaiserin Leopoldines. Das Heft enthält auch einen ausführlichen Beitrag über die Homosexualität Franz Schuberts. Beide Artikel faxen wir interessierten RedakteurInnen gerne zu.
PS: Die Ausstellung „Imagem na fantasia“ über Kaiserin Leopoldine ist vom 23. April bis 11. Mai in den Bergl-Zimmern von Schloß Schönbrunn zu besichtigen.