Nun hat auch die in London ansässige internationale nichtstaatliche Organisation ARTICLE 19 – Global Campaign for Free Expression Kritik an der Verurteilung der HOSI Wien in jenem Ehrenbeleidigungsverfahren geäußert, das Ex-ÖVP-Abgeordneter Walter Tancsits vor zwei Jahren angestrengt hat.
In seiner Vorab-Stellungnahme zum vierten periodischen Bericht Österreichs an den UNO-Ausschuss für Menschenrechte zählt ARTICLE 19 diese Verurteilung unter seinen wesentlichen Bedenken hinsichtlich der Lage der Meinungsfreiheit in Österreich auf. Der Name der Organisation bezieht sich auf den entsprechenden Artikel 19 in der UNO-Menschenrechtskonvention, der das Recht auf freie Meinungsäußerung garantiert.
Systematisches Versagen der Justiz
Die europarekordverdächtige Zahl der Verurteilungen Österreichs durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in den letzten Jahren „lässt auf ein systematisches Versagen des österreichischen Justizsystems in diesem Bereich schließen“, hieß es gestern in einer Presseaussendung von ARTICLE 19. „Diesem Befund können wir uns nur anschließen“, erklärt HOSI-Wien-Generalsekretär Kurt Krickler, der die existenzbedrohenden Auswirkungen solcher Verfahren gegen die Meinungsfreiheit am eigenen Leib verspüren musste, da er von Tancsits ebenfalls geklagt und in erster Instanz verurteilt wurde.
„Unsere Berufung gegen diese Verurteilung liegt derzeit beim Oberlandesgericht für Strafsachen in Wien. Wir rechnen, dass wir dort wieder verlieren, denn nach dem ursprünglichen Freispruch in erster Instanz hat das Oberlandesgericht aufgrund von Tancsits‘ Berufung diesen Freispruch aufgehoben und die Sache an die erste Instanz zurückverwiesen“, schildert Krickler diese Saga durch das Justizsystem. „Sollte unserer Berufung nicht stattgegeben werden, werden wir gegen die Verurteilung dann Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg einlegen.“
Bananenrepublik Österreich
„Wir sind froh, dass dank des EGMR in Straßburg jetzt langsam wieder die üblichen Menschenrechtsstandards einkehren, nachdem die schwarz-blau-orange Politik Österreich in den letzten sieben Jahren in Sachen Meinungsfreiheit zu einer Bananenrepublik gemacht hat“, zeigt sich Krickler optimistisch. „Die unerträgliche Knebelung der Meinungsfreiheit durch die blau-orange-schwarze Klagsflut gegen unliebsame KritikerInnen und JournalistInnen gehört hoffentlich bald der Vergangenheit an. Jetzt müssen bloß noch jene willigen Vollstrecker aus der Justiz entfernt werden, die sich zu Handlangern dieser Einschüchterungsversuche von FPÖ, BZÖ und ÖVP gemacht haben.“
Die HOSI Wien hat ebenfalls besagte Verurteilung in ihrem im Vormonat dem UNO-Ausschuss für Menschenrechte übermittelten Schattenbericht als Menschenrechtsverletzung angeführt (vgl. Aussendung vom 21. Februar 2007). ARTICLE 19 ist übrigens nicht die einzige internationale Menschenrechtsorganisation, die diese Verurteilung kritisiert. Im Mai 2006 hat dies bereits die Internationale Helsinki-Föderation für Menschenrechte in einer Stellungnahme getan.“
Stellungnahme von ARTICLE 19
Stellungnahme der Helsinki-Föderation
HINWEIS: Alle Schattenberichte an den UNO-Ausschuss finden sich auch auf dessen Website – bitte nach unten scrollen.