HOSI-Wien-Generalsekretär Kurt Krickler hat heute morgen beim Treffen von VertreterInnen österreichischer NGOs mit den drei Weisen Martti Ahtisaari, Jochen Frowein und Marcelino Oreja in Heidelberg ausführlich die Menschenrechtsverletzungen an Homosexuellen geschildert und ein 22seitiges Dossier überreicht.
Krickler ist übrigens auch kurzfristig in Vertretung von Plattform-Präsident Giampiero Alhadeff mit der Vertretung der Plattform europäischer Sozial-NGOs bei diesem Treffen betraut worden. Als Vorstandsvorsitzender des europäischen Lesben- und Schwulenverbands ILGA-Europa vertritt Krickler diesen Verband im Leitungsgremium der Plattform.
NS-Wiedergutmachung und § 209
„Ich kam mehrmals zu Wort“, berichtete Krickler, „einmal zum Themenbereich ‚NS-Unrecht besteht weiter‘, wo ich darauf hinwies, daß Lesben und Schwule bis heute für ihre Verfolgung und KZ-Haft im Dritten Reich nicht entschädigt worden sind, und einmal zum Themenbereich ‚Menschenrechtsverletzungen‘, wo ich die Auswirkungen des menschenrechtswidrigen § 209 StGB, des diskriminierenden Mindestalters für schwule Beziehungen, anhand von konkreten, im Dossier dokumentierten Fällen, schilderte.“
FPÖ hetzt auch gegen Lesben und Schwule
„Ich wies auch darauf hin, daß die Minderheitenhetze der FPÖ auch Lesben und Schwule betrifft. FP-PolitikerInnen haben nicht nur durch fremdenfeindliche und rassistische Äußerungen auf sich aufmerksam gemacht, sondern auch durch homophobe Attacken. Jörg Haider hat die schwulenfeindlichen Stänkerer in seiner Partei nie zur Ordnung gerufen.“
„Die drei Weisen haben zu meinen Ausführungen keine Fragen gestellt. Sie haben auch keine Stellungnahme abgegeben, ob sie die einzelnen Punkte, die die NGO-VertreterInnen vorgebracht haben, in den Bericht aufnehmen werden“, berichtet Krickler weiter. „Ich bin jedenfalls optimistisch, daß die drei Weisen den EU-14 empfehlen werden, die Aufhebung des § 209 zur Bedingung für die Aufhebung der Maßnahmen zu machen. Ich kann mir nicht vorstellen, daß die drei Weisen eine eklatante und erwiesene Menschenrechtsverletzung wie den § 209 in ihrem Bericht ignorieren können. Damit würden sie ihre Aufgabe und ihren Bericht ja völlig zur Farce machen.“
Alternativ-Bericht nicht ausgeschlossen
„Sollte der Bericht der Weisen aber von Anfang an als bloße Alibiübung zur Ausstiegshilfe für die EU-14 angelegt gewesen sein oder die Erwähnung wesentlicher Menschenrechtsverletzungen fehlen, dann werden sich die NGOs, speziell auf europäischer Ebene, wohl überlegen müssen, dazu einen Alternativ-Bericht zu erstellen“, zeigt sich Krickler aber auch für diese Eventualität gerüstet. „Ich fahre ja von Heidelberg direkt nach Brüssel weiter, um morgen auf der Sitzung des Leitungsgremiums der Plattform europäischer Sozial-NGOs über das Hearing bei den drei Weisen Bericht zu erstatten. Das NGO-Hearing ist ja einer Initiative der Plattform zu verdanken. Ich werde der Plattform den Vorschlag unterbreiten, sie möge einen solchen Alternativ-Bericht für den Fall unterstützen, daß der Weisenrat ein bloßes Gefälligkeitsgutachten ausstellt. Dieser Alternativ-Bericht soll dann auch dem EU-Parlament, der EU-Kommission und der europäischen Öffentlichkeit vorgelegt werden. Auf jeden Fall wird der europäische Lesben- und Schwulenverband ILGA-Europa nächste Woche das komplette HOSI-Wien-Dossier an die französische und die kommende schwedische EU-Präsidentschaft sowie an alle Premier- und AußenministerInnen der 14 EU-Staaten schicken, damit diese sich auch selbst ein Bild von der Lage homosexueller Menschen in Österreich machen können.“
Das in Heidelberg den drei Weisen überreichte Dossier ist hier als PDF abrufbar.