Im Februar 2007 hat die HOSI Wien dem Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen ihren Alternativbericht zur Lage der Menschenrechte von Lesben und Schwulen in Österreich übermittelt (siehe Aussendung vom 21. Februar 2007). Einer von fünf Kritikpunkten der HOSI Wien betraf das unterschiedliche Niveau beim Schutz vor Diskriminierung.
Dieses war durch die Minimalumsetzung der EU-Antidiskriminierungsrichtlinien (# 43 und 78 aus 2000) durch Österreich im Jahr 2004 geschaffen worden. Ein rechtlicher Schutz vor Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung besteht derzeit nur in Beschäftigung und Beruf – im Gegensatz zur Diskriminierung aufgrund von ethnischer Zugehörigkeit und Behinderung. Für diese Gründe besteht ein Diskriminierungsverbot auch in Bereichen wie Zugang zu Waren und Dienstleistungen, Sozialschutz, einschließlich der sozialen Sicherheit und der Gesundheitsdienste, soziale Vergünstigungen sowie Bildung. Eine solche Hierarchie beim Schutz vor Diskriminierung ist nicht nur verfassungswidrig, sondern eine klare Verletzung des Artikels 26 der UNO-Menschenrechtskonvention.
Am 19. Oktober 2007 waren Vertreter der Republik Österreich vor den UNO-Ausschuss in Genf geladen, um den 18 ExpertInnen dieses Gremiums Rede und Antwort zu stehen. Am 30. Oktober hat der Ausschuss, dessen Entscheidungen allerdings nicht bindend sind, seine Abschließenden Bemerkungen und Empfehlungen veröffentlicht und darin genau besagte Hierarchie kritisiert: „Der Ausschuss … stellt jedoch mit Besorgnis fest, dass der Schutz vor Diskriminierung aufgrund des Geschlechts weniger umfassend ist [als aufgrund von ethnischer Herkunft und einer Behinderung] und dass der Schutz vor Diskriminierung aufgrund von Alter, Religion und sexueller Orientierung nach dem Gleichbehandlungsgesetz lediglich auf ‚Beschäftigung und Beruf‘ beschränkt ist. Der Ausschuss ist auch darüber besorgt, dass sich eine derartige Hierarchisierung von Diskriminierungsgründen ebenfalls in Landesgesetzen findet…“ (Übersetzung HOSI Wien). Der Ausschuss empfiehlt Österreich daher, die bestehenden Bundes- und Landesgesetze dahingehend zu novellieren, dass der Diskriminierungsschutz für alle verbotenen Gründe auf dem höchsten Niveau angeglichen wird.
HOSI Wien fordert rasche Novellierung
„Gelegenheit, die Gesetze entsprechend zu novellieren, gebe es schon demnächst“, weist HOSI-Wien-Obmann Christian Högl auf die bis zum 21. Dezember 2007 auch von Österreich umzusetzende EU-Richtlinie 2004/113/EG zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen hin. „Leider beschränkt sich der vor kurzem vom Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit diesbezüglich vorgelegte Gesetzesentwurf einmal mehr bloß auf eine Minimalumsetzung der Vorgaben aus Brüssel – anstatt die Gelegenheit zu nützen, ein einheitliches Schutzniveau für alle Gründe zu schaffen.“
„Wir fordern daher die Bundesregierung und die Landesregierungen – nicht zuletzt aufgrund dieser ‚Verurteilung‘ Österreichs durch den UNO-Ausschuss – auf, den gesetzlichen Schutz vor Diskriminierung auf alle Bereiche auch aus Gründen der sexuellen Orientierung auszudehnen, wobei uns natürlich ein umfassendes Antidiskriminierungsgesetz, das alle Lebensbereiche sowie weitere, von den EU-Richtlinien nicht erfasste Schutzkategorien umfassen sollte, noch lieber wäre.“
HINWEISE:
Österreich war heuer zum vierten Mal an der Reihe, dem UNO-Ausschuss über die Fortschritte bei der Verwirklichung der Menschenrechte Bericht zu erstatten. Dazu sind alle Staaten gemäß Artikel 40 des UNO-Pakts über bürgerliche und politische Rechte regelmäßig verpflichtet – sofern sie diese Konvention unterzeichnet haben. Eine solche Überprüfung geschieht zirka alle zehn Jahre.
Die „Abschließenden Bemerkungen und Empfehlungen“ des Ausschusses stehen hier zum Download bereit.