Homosexuelle Initiative (HOSI) Wien

1. Lesben- und Schwulenverband Österreichs


LSVD, 17 Feb 2000

Pressemitteilung des Lesben- und Schwulenverbands in Deutschland (LSVD) vom 17. Februar 2000

Missachtung der Menschenrechte von Homosexuellen in Österreich
LSVD fordert deutsche Bundesregierung auf, im Sinne von Artikel 7 des EU-Vertrages aktiv zu werden

Zur rechtlichen Situation von Homosexuellen in Österreich erklärt Klaus Jetz, Pressesprecher des LSVD: Wir teilen die Besorgnis unserer österreichischen Freundinnen und Freunde über die Regierungsbildung in Österreich. Es stellt sich die Frage, in wie weit die Bekenntnisse von FPÖ und ÖVP zur Einhaltung der Menschenrechte nicht mehr als reine Lippenbekenntnisse sind. Auch Homosexuelle haben Menschenrechte, doch das Kriterium der sexuellen Orientierung wird von FPÖ und ÖVP nirgendwo und mit keinem Wort erwähnt. Dies zeugt von einem sehr engen Menschenrechtsbegriff. ÖVP und FPÖ verletzen seit vielen Jahren die Menschenrechte von Homosexuellen. Beide Parteien verhinderten die Streichung des Artikels 209 StGB, der für einvernehmliche homosexuelle Handlungen zwischen Männern ein Schutzalter von 18 Jahren festlegt, während das Schutzalter für heterosexuelle und lesbische Handlungen bei 14 Jahren liegt. Nach Artikel 209 StGB kommt es in Österreich zu rund 20 Verurteilungen jährlich.

Das unterschiedliche Schutzalter widerspricht der Europäischen Menschenrechtskonvention. Nach Artikel 7 des EU-Vertrages kann der Rat auf Vorschlag eines Drittels der Mitgliedstaaten (und nach Zustimmung des Europäischen Parlaments) einstimmig feststellen, dass eine schwerwiegende und anhaltende Verletzung von in Artikel 6, Absatz 1 genannten Grundsätzen durch einen Mitgliedstaat vorliegt.

Die Aufrechterhaltung von Artikel 209 des österreichischen Strafgesetzbuches stellt unserer Meinung nach “eine schwerwiegende und anhaltende Verletzung” der Menschenrechte von Homosexuellen dar, welche eine Überprüfung Österreichs nach Artikel 7 EU-Vertrag rechtfertigt.

Der LSVD hat Bundeskanzler Schröder und Außenminister Fischer aufgefordert, im Sinne von Artikel 7 des EU-Vertrages aktiv zu werden. Die Achtung der Menschenrechte ist eine Voraussetzung für die weitere Mitgliedschaft in der EU. Zeigt die neue österreichische Regierung sich uneinsichtig, muss die Einhaltung der Menschenrechte in Österreich überprüft werden.

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