Heute Vormittag haben rund 20 Personen vor der russischen Botschaft und der Russisch-Orthodoxen Kirche in Wien gegen ein Verbot der für 27. Mai 2006 geplanten schwul/lesbische Pride-Parade in Moskau demonstriert. Der Moskauer Bürgermeister Juri Luschkow hatte angekündigt, die Parade nicht zu genehmigen.
Er begründet seine Ablehnung mit der negativen Einstellung der Bevölkerung. Mittlerweile haben sich sowohl der russisch-orthodoxe Patriarch, der muslimische Groß-Mufti und der jüdische Oberrabbiner von Moskau vehement gegen die Parade ausgesprochen.
„Wir haben ein Schreiben für Botschafter Stanislaw Ossadtschij übergeben“, berichtet Christian Högl, Obmann der Homosexuellen Initiative (HOSI) Wien, die gemeinsam mit den Grünen andersrum die Kundgebung organisiert hat. „Darin fordern wir Präsident Wladimir Putin und die russische Regierung auf, dafür zu sorgen, dass die Parade im Rahmen des Festivals „Moscow Pride 06“ wie geplant stattfinden kann – wenn nötig durch Ausübung entsprechenden Drucks auf Bürgermeister Luschkow.“
„Es ist einfach völlig inakzeptabel, dass einer Minderheit die demokratischen Grundrechte abgesprochen werden“, erläutert HOSI-Wien-Obfrau Bettina Nemeth. „Die Menschenrechte gelten für alle, auch wenn es der Mehrheit nicht passt. Es darf in Europa einfach nie wieder geschehen, dass Minderheiten aufgrund von Entscheidungen der Mehrheit ihrer Grundrechte beraubt werden! Die Versammlungsfreiheit von Lesben und Schwulen einzuschränken ist eine klare Menschenrechtsverletzung.“
Eine Demonstration mit dem Hinweis zu verbieten, man könne nicht für die Sicherheit der DemonstrantInnen garantieren, wäre gleichfalls eine Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention. Das hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg in seinem Urteil über eine einschlägige Beschwerde gegen Österreich festgestellt. Weiters betonte der EGMR darin ausdrücklich, dass ein Staat verpflichtet ist, das Recht aller BürgerInnen, sich friedlich zu versammeln, zu gewährleisten. Der Staat hat eine friedliche Demonstration vor Gegendemonstranten zu schützen, anstatt die Demonstration zu untersagen.
„Abgesehen davon wäre es ein ausgesprochenes Armutszeugnis für eine Weltmacht wie Russland, wenn es nicht in der Lage wäre, einige tausend friedliche DemonstrantInnen vor einem gewalttätigen Mob zu schützen, geben wir in unserem Brief an den Botschafter zu bedenken“, meint Högl weiter. „Sollte das wirklich nicht möglich sein, müsste wohl der russische Innenminister konsequenterweise seinen Rücktritt erklären.“
HOSI Wien lädt Luschkow zur Regenbogen-Parade nach Wien ein
„Außerdem haben wir in unserem Schreiben eine Einladung an Luschkow zur Regenbogen-Parade in Wien am 1. Juli 2006 ausgesprochen, damit er dabei sein kann, wenn wieder über 100.000 Menschen – Lesben, Schwule, Transgender-Personen, ihre Familien und Freunde sowie viele andere heterosexuelle SympathisantInnen – mit viel Freude und Spaß die Vielfalt der Menschen ausgelassen feiern“, erklärt Nemeth abschließend.
Fotogalerie von dieser Demonstration.
Auch in anderen europäischen Hauptstädten gab es Proteste vor den russischen Botschaften: etwa in London, Warschau und Paris. Berichte und Fotos auf folgenden Websites:
www.gayrussia.ru/en
www.ukgaynews.org.uk
Demo in Warschau