Zufrieden zeigt sich die europäische Lesben- und Schwulenbewegung über die ausdrückliche Berücksichtigung von „sexueller Orientierung“ in der sogenannten Antidiskriminierungsklausel des gestern in Amsterdam von den Regierungschefs der 15 EU-Länder angenommenen EU-Vertrags.
„Obwohl wir uns ein ausdrückliches Diskriminierungsverbot im EU-Vertrag gewünscht hätten, wie es übrigens auch der Nationalrat in seinem Verhandlungsauftrag an die Bundesregierung für die Regierungskonferenz formuliert hat, sind wir auch über diesen Teilerfolg sehr glücklich“, kommentiert Kurt Krickler, Vorstandsvorsitzender der ILGA-Europa, des Europäischen Regionalverbands der International Lesbian and Gay Association (ILGA) und Generalsekretär der Homosexuellen Initiative (HOSI) Wien, dieses spezielle Ergebnis des Amsterdamer EU-Gipfels, „denn hier haben sich erstmals in der Geschichte die 15 Regierungschefs der EU-Staaten einstimmig gegen die Diskriminierung von Lesben und Schwulen ausgesprochen. Es bleibt zwar noch viel Arbeit, die Klausel mit Leben zu erfüllen, aber sie ist ein wichtiger Schritt vorwärts, den man durchaus als historisches Ereignis bezeichnen kann.“
Europäisches Lobbying
Die entsprechende Formulierung im EU-Vertrag sieht vor, daß der Rat einstimmig auf Vorschlag der Kommission und nach Befassung des Europäischen Parlaments geeignete Maßnahmen ergreifen kann, um Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, rassicher oder ethnischer Herkunft, der Religion oder des Glaubens, von Behinderung, Alter oder sexueller Orientierung zu bekämpfen.
Daß „sexuelle Orientierung“ als Schutzkategorie aufgenommen wurde und zum Schluß noch drinnen war, ist dem gemeinsamen Lobbying der Lesben- und Schwulenbewegung in den 15 EU-Staaten während der letzten zwei Jahre zu verdanken, wobei in Österreich diese Aktivitäten von der HOSI Wien wahrgenommen wurden. Kritisch war es etwa vergangenen Februar, als die niederländische Präsidentschaft die Kategorien Behinderung, Alter und sexuelle Orientierung aus dem Entwurf herausnahm. Nicht zuletzt die heftigen Proteste der Lesben- und Schwulenbewegung in Europa veranlaßten die Präsidentschaft, diese Streichung wieder rückgängig zu machen.
Auftrag an Österreich – entsprechende Verfassungsänderung
„Diese Bestimmung im EU-Vertrag ist aber auch ein moralischer Auftrag an Österreich (das erst im April vom Europäischen Parlament aufgefordert wurde, § 209 StGB (unterschiedliches Mindestalter) endlich abzuschaffen), rechtliche Diskriminierungen von Lesben und Schwulen zu beseitigen“, sieht Krickler unmittelbaren Handlungsbedarf. „Wir fordern in diesem Zusammenhang den Nationalrat auf, bei der bevorstehenden Änderung des Artikels 7 der Bundesverfassung (Behandlung im Verfassungsausschuß am 26. Juni) dieselben Schutzkategorien aufzunehmen, wie sie nunmehr im EU-Vertrag enthalten sind. Was für diesen recht ist, kann für Österreichs Verfassung nur billig sein!“