„Die vom europäischen Lesben- und Schwulenverband ILGA-Europa auf seiner Jahreskonferenz in Linz vergangenen Oktober beschlossene Kampagne gegen Walter Schwimmer als neuen Generalsekretär des Europarats ist voll angelaufen.“
„ILGA-Europa hat an alle 286 Abgeordneten zur Parlamentarischen Versammlung (PV) sowie an alle Außenminister der 40 Mitgliedsstaaten entsprechende Schreiben gerichtet, sie auf die mangelnde Eignung Schwimmers für dieses Amt hingewiesen und sie aufgefordert, eine Wahl Schwimmers zu verhindern“, berichtet HOSI-Wien-Generalsekretär und ILGA-Europa-Vorstandsvorsitzender Kurt Krickler.
„Lesben- und Schwulengruppen in ganz Europa haben ihre PV-Abgeordneten ebenfalls in dieser Sache kontaktiert. Schwimmers Wahlkampfauftritte in Lissabon und Laibach vergangenen November bzw. Dezember waren von ausführlichen Berichten über den Protest der europäischen Lesben- und Schwulenbewegung in den portugiesischen und slowenischen Medien begleitet. Kein guter Start für Schwimmer!“
Liberale Zünglein an der Waage – Appell an Heide Schmidt
„Die liberale Fraktion in der PV hat es in der Hand, über die Wahl Schwimmers zu entscheiden. Gemeinsam mit ihr hat die Europäische Volkspartei eine Mehrheit“, erklärt HOSI-Wien-Obfrau Waltraud Riegler. „Die Liberalen sind der EVP im Wort, weil diese vor fünf Jahren der Wahl des liberalen Kandidaten zugestimmt hat. Die liberale Fraktion muß davon überzeugt werden, das Gegengeschäft nur dann auszuführen, wenn die EVP einen geeigneten Kandidaten präsentiert. Wir hoffen dabei auf die Unterstützung des Liberalen Forums. Da das LiF keine Abgeordneten in der PV stellt, hat die HOSI Wien an Heide Schmidt appelliert, als Vizepräsidentin der Liberalen Internationale ihren Einfluß auf die europäischen Liberalen geltend zu machen, um eine Wahl Schwimmers zu verhindern. Es wäre in der Tat eine Katastrophe für das LiF, wenn ausgerechnet die liberale Fraktion die Wahl Schwimmers ermöglichte.“
Das Sündenregister
Was Schwimmer für diesen menschenrechtssensiblen Job eindeutig disqualifiziert, erläutert HOSI-Wien-Obmann Christian Högl: „Am 1. Juni 1995 stimmte Schwimmer gegen die Aufnahme von ‚sexueller Orientierung‘ in das Opferfürsorgegesetz und damit gegen einen Rechtsanspruch auf Entschädigung für jene Nazi-Opfer, die wegen ihrer sexuellen Orientierung verfolgt wurden. Am 27. November 1996 und am 17. Juli 1998 stimmte Schwimmer gegen die Aufhebung des § 209, bei letzterer Gelegenheit im vollen Wissen, daß die Europäische Menschenrechtskommission 1997 entschieden hat, daß unterschiedliche Mindestaltersgrenzen für homo- und heterosexuelle Handlungen eine Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention darstellen. Am 27. November 1996 stimmte er auch gegen die Aufhebung der §§ 220 und 221 StGB, die das Menschenrecht auf freie Meinungsäußerung bzw. auf Versammlungsfreiheit für Lesben und Schwule einschränkten.“
Höchste Standards und Ansprüche anlegen
„Wie die Verhaftung des chilenischen Diktators Pinochet bewiesen hat, ist die internationale Gemeinschaft nicht mehr länger bereit, Menschenrechtsverletzer ungeschoren davonkommen zu lassen“, ergänzt Krickler. „Jetzt müssen auch an Funktionen wie das Amt des Generalsekretärs des Europarats höchste Ansprüche gestellt werden. Obstruktion und Behinderung bei der Um- und Durchsetzung voller Menschenrechte für alle, auch für Lesben und Schwule, wie Walter Schwimmer sie im Nationalrat betrieben hat, müssen zum Kriterium für den Ausschluß von höchsten internationalen menschenrechtsrelevanten Funktionen werden.“
Hinweis: Vgl. auch Aussendung vom 22. August 1998.