Die Homosexuelle Initiative (HOSI) Wien bedauert den absoluten Tiefpunkt politischer Kultur, den die ÖVP mit ihrem Wahlkampfinserat, in dem sie Jörg Haider als „finocchio“ (Schwuler) bezeichnet, erreicht hat. „Wir wenden uns entschieden dagegen, daß eine Partei einen politischen Gegner durch die Bezeichnung „Schwuler“ zu diskreditieren versucht“, erklärt Obmann Christian Högl.
„Die ÖVP, Österreichs homofeindlichste Partei, hat sich mit dieser Aktion in Sachen Ausnützen und Schüren schwulenfeindlicher Vorurteile selbst übertroffen. Eigentlich sollte auch in Österreich endlich die Zeit dafür reif sein, daß Homosexualität nicht mehr als Makel betrachtet wird und daß PolitikerInnen ohne Karrierenachteile offen zu ihrer Homosexualität stehen können. Im Ausland ist das längst kein Thema mehr: Vor dem Rücktritt Peter Mandelsons gab es etwa in Tony Blairs Kabinett vier offen schwule bzw. lesbische Regierungsmitglieder, und auch FDP-Generalsekretär Guido Westerwelle macht kein Geheimnis aus seiner sexuellen Orientierung.“
„Seit fast zehn Jahren gibt es Gerüchte über Jörg Haiders Beziehungen zu Männern, und das Homoerotische an seiner ‚Buberl-Partie‘ und seinem politischen Jungmänner-Harem ist ja unübersehbar“, weist HOSI-Wien-Obfrau Waltraud Riegler auf viele diesbezügliche Spekulationen hin, auf die die ÖVP in ihrem Inserat offenkundig bewußt anspielt. „Daß sie nicht gewußt hat, was ‚finocchio‘ umgangssprachlich im Italienischen bedeutet, nimmt ihr niemand ab!“
„Wir finden zwar“, so Riegler weiter, „daß das Outing von Homosexuellen, die sich homosexuellenfeindlich verhalten, legitim ist – dies würde ja auf Jörg Haider zutreffen, hat er doch u. a. im November 1996 gegen die Aufhebung der schwulen- und lesbendiskriminierenden Paragraphen 209 und 220 StGB gestimmt –, aber der ÖVP geht es ja nicht darum, Heuchelei zu entlarven, sondern darum, den politischen Gegner zu verunglimpfen und ihm zu schaden.“
„Haider als Schwulen zu outen“, erläutert HOSI-Wien-Generalsekretär Kurt Krickler, der 1995 die homosexuellen Neigungen von vier österreichischen Bischöfen geoutet hat, „wäre jedoch – abgesehen von der „Beweisfrage“ – nicht im Sinn und Interesse der österreichischen Lesben- und Schwulenbewegung, da Haider durch sein minderheitenfeindliches Programm weder eine positive Identifikationsfigur für Schwule noch einen Sympathieträger für schwul/lesbische Anliegen abgeben kann.“