„Die Wahl kommenden Sonntag zwischen Alexander van der Bellen und Norbert Hofer sollte Lesben und Schwulen und allen Menschen, die nicht der Heteronormativität entsprechen, nicht wirklich schwerfallen“, erklärt Lui Fidelsberger, Obfrau der Homosexuellen Initiative (HOSI) Wien: „Der Vergleich sollte sie sicher machen. Und nicht nur der Vergleich der Haltungen der beiden Kandidaten in Sachen Gleichberechtigung von homosexuellen Menschen im speziellen, sondern ganz generell in Sachen Umgang mit Minderheiten und Benachteiligten.“
„Und es geht bei dieser Wahl ja auch gar nicht so sehr um lesbisch-schwule Fragen und Anliegen als vielmehr um das grundlegende Menschen- und Weltbild, das die beiden Kandidaten jeweils verkörpern. Auch wenn Hofer es in seinem Wahlkampf anders darzustellen versucht hat: Am Sonntag wird weder die Mehrheit des Nationalrats noch eine neue Regierung oder ein neuer Regierungschef gewählt, sondern der höchste Repräsentant des Staates. Und dabei sollten die positiven Eigenschaften und persönlichen Qualitäten maßgeblich im Vordergrund stehen. Den WählerInnen muss klar sein, dass sie mit der Entscheidung, welche Persönlichkeit sie in diese Funktion wählen, nicht nur ein Signal senden, sondern dass sie damit die Verantwortung für sämtliche Folgen dieser ihrer Entscheidung übernehmen müssen.“
„Hofer und seine Partei, die FPÖ, stehen jedoch nicht nur für Ausgrenzung und Hetze gegen Minderheiten, für Diskriminierung und gegen Gleichstellung“, ergänzt HOSI-Wien-Generalsekretär Kurt Krickler, „sondern dazu kommt noch das krude und problematische Amts- und Demokratieverständnis Hofers.“
Problematisches Demokratieverständnis
Seine Vorstellung von Rechtstaatlichkeit hat Hofer exemplarisch in einer Presseaussendung im Jänner 2015 kundgetan: Aufgrund eines Urteils des Verfassungsgerichtshofs aus 2013 waren mit Beginn des Vorjahres die Einschränkungen im Fortpflanzungsmedizingesetz gefallen, die Lesben diskriminiert hatten. 2014 hatte der VfGH schließlich auch das Verbot der Fremdkindadoption für gleichgeschlechtliche Paare als verfassungswidrig aufgehoben. Beide Entscheidungen hat die FPÖ scharf kritisiert.
Hofer und FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl forderten in diesem Zusammenhang, dass „sowohl Adoptionsrecht als auch Ehe und Familie als schützenswertes Gut in der Verfassung verankert werden“. Das mögliche künftige Staatsoberhaupt Österreichs stellt sich bei dieser Gelegenheit also explizit gegen „Minderheitenthemen“ und äußerte tatsächlich die Sorge, dass „die Mehrheit unter die Räder“ komme. Wenn es nach Hofer geht, soll (durch eine juristisch fragwürdige Praxis) die Diskriminierung von Lesben und Schwulen also gesetzlich so verankert werden, dass sie durch Urteile des Verfassungsgerichtshofs nicht mehr beseitigt werden kann.
„Auch damit disqualifiziert sich Herr Hofer für die Ausübung des von ihm angestrebten Amtes“, betont Fidelsberger: “Denn der Bundespräsident hat alle Menschen in Österreich zu vertreten und im Ausgleich von Interessen gerade in menschenrechtlichen Fragen darauf zu achten, dass die Rechte von Minderheiten gewahrt bleiben.“
Denkzettel an die FPÖ, Proteststimme für van der Bellen
„Wenn frustrierte und politikverdrossene WählerInnen den etablierten Parteien einen Denkzettel verpassen möchten, dann sollten sie einen solchen als aller erstes der FPÖ verpassen, einer Partei, die in den Jahren 2000–2006 als Teil der blau-schwarz-orangen Koalition der korruptesten Regierung der Zweiten Republik angehört hat; einer Partei, die Kärnten ruiniert und zu einem gescheiterten Bundesland gemacht hat, das sich heute in einem schlimmeren Zustand als Griechenland befindet. Etliche Protagonisten von damals haben bereits ihre verdiente Gefängnisstrafe abgesessen, andere warten noch darauf. Zehn Jahre nach Ende der siebenjährigen blau-schwarzen Herrschaft in Österreich sind die Gerichte immer noch mit den Aufräumarbeiten beschäftigt, und bis heute hat das schwarze Justizministerium alle Hände voll zu tun, das Schlimmste von zentralen Akteuren jener Regierung abzuwenden“, schüttelt Krickler über die Vergesslichkeit und das Verdrängen bei den österreichischen WählerInnen nur den Kopf.
„Wir rufen daher dazu auf, am Sonntag endlich die Gelegenheit zu nutzen, der FPÖ und ihrer populistischen Propaganda einen Denkzettel zu verpassen. Mit Alexander van der Bellen steht hingegen eine Person zur Wahl, die jede Proteststimme gegen die etablierten Parteien, darunter eben auch die FPÖ, mehr als verdient hat“, so Fidelsberger abschließend.