„Frau Lindners Aussage, die ‚schwule‘ Folge der Dating-Show ‚Dismissed‘ sei für eine Sendezeit um 17 Uhr nicht angebracht, sondern gehöre ins ORF-Nachtprogramm verbannt, ist ein unglaublicher Skandal. Mit derart homophoben Ansichten hat man an der Spitze des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nichts verloren“, meint HOSI-Wien-Obfrau Helga Pankratz. „Lindner gehört als ORF-Generaldirektorin fristlos ‚dismissed‘. Mit solchen Haltungen sollte sie lieber bei Kurt Krenns reaktionärem Blatt ‚Der 13.‘ anheuern, aber Österreichs GebührenzahlerInnen, die im übrigen zu zehn Prozent lesbisch oder schwul sind, gefälligst verschonen! Offenbar stört es Lindner, dass bei ‚Dismissed‘ Homosexualität als ganz normale Lebensform dargestellt wird, die sich von der Heterosexualität eben nur in der geschlechtlichen Zusammensetzung der PartnerInnen unterscheidet.“
ORF unglaubwürdig
Die gestrige Rechtfertigung des ORF (OTS0278), besagte „Dismissed“-Folge enthalte obszöne Elemente, „ist wenig glaubwürdig und klingt nach ganz billiger Ausrede“, ergänzt HOSI-Wien-Obmann Christian Högl. „Träfe dies zu, hätte Lindner ihre Vorgangsweise wohl gleich damit begründet. Wenn es sich um jene Folge handelt, die MTV im August – übrigens zur Mittagszeit! – ausgestrahlt hat, dann gibt es darin jedenfalls keine obszönen Elemente. Wir fordern den ORF auf, uns eine Kopie der Folge zur Verfügung zu stellen, damit wir diese unglaubwürdige Rechtfertigung überprüfen können.“
„Die Äußerung Lindners“, so Pankratz weiter, „ist auch ein fatales Signal an alle lesbischen und schwulen MitarbeiterInnen des ORF – und das sind nicht wenige, arbeiten doch bekanntermaßen in der audiovisuellen Medienbrache überdurchschnittlich viele Schwule und Lesben. War es bisher schon äußerst verwunderlich, dass nicht mehr homosexuelle ORF-MitarbeiterInnen offen zu leben gewagt haben, so wird sich das homophobe Arbeitsklima im ORF durch Lindners demonstrativ zur Schau gestellte Verachtung und Abneigung gegenüber Homosexuellen wohl kaum verbessern.“
ORF boykottieren
„Daher ist es ein wahrer Segen, dass nächste Woche die EU-Richtlinie, die Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung in der Arbeitswelt verbietet, auch für Österreich in Kraft tritt. Dann können auch schwule und lesbische ORF-MitarbeiterInnen aufatmen und sich gegen allfällige Diskriminierungen, etwa bei Kündigung und Beförderung, zur Wehr setzen“, betont HOSI-Wien-Generalsekretär Kurt Krickler. „Ebenfalls nächste Woche wird die österreichische Wirtschaft ihr Leitbild zur gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen, der sogenannten Corporate Social Responsibility, vorstellen. Auch darin wird die Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung geächtet. Nicht nur, dass es gerade einem Unternehmen wie dem ORF gut anstünde, derartige Leitbilder zu beherzigen, werden sich wohl auch viele Unternehmen, deren ethisches Handeln gegenüber der gesamten Gesellschaft in Hinkunft immer stärker unter Beobachtung stehen wird, immer öfter überlegen (müssen), ob sie es sich noch leisten können, in einem homophoben Unternehmen wie dem ORF zu werben.“
„Wir fordern ORF-Generaldirektorin Lindner auf, sich unverzüglich bei Österreichs Lesben und Schwulen zu entschuldigen und die abgesetzte Folge für einen 17-Uhr-Termin zu programmieren oder zurückzutreten. Sollte dies nicht geschehen, rufen wir alle Menschen – Lesben, Schwule und überhaupt alle, die solche unerträglichen Diskriminierungen nicht länger hinnehmen wollen – auf, den ORF zu boykottieren“, erklärt Pankratz abschließend.