„Wir beglückwünschen Noch-Justizministerin Karin Gastinger zu ihrer – wenn auch reichlich spät erfolgten – Erkenntnis, dass sie die Ausländerpolitik des BZÖ nicht mehr mittragen kann. Die HOSI Wien hat die blau-orangen Positionen in der Ausländerpolitik immer als menschenverachtend und verhetzend empfunden und unter anderem auch aus diesem Grund von Anfang an scharfe Kritik an der Regierungsbeteiligung von FPÖ und ihrer späteren Absplitterung BZÖ geübt und sich konsequent gegen Schwarz-Blau gestellt“, erklärt Bettina Nemeth, Obfrau der HOSI Wien. „Sollte Gastinger tatsächlich aufgrund der erschreckenden Westenthalerschen Deportationsfantasien zu ihrer Entscheidung gekommen sein und sie ihren Rückzug aus der Politik ehrlich meinen, gebührt ihr für diesen Schritt durchaus Hochachtung und Anerkennung.“
Eine Frage der Glaubwürdigkeit
Gerüchten zufolge könnte aber auch ein Angebot der ÖVP, ihr als unabhängige Kandidatin zur Verfügung zu stehen, hinter ihrem plötzlichen, nur wenige Tage vor der Wahl erfolgten Sinneswandel stecken. „Wenn Karin Gastinger sich auf ein solches Manöver einlassen sollte, würde sie aber mit einem Schlag jegliche Glaubwürdigkeit verlieren. Denn was die Ausländer für das BZÖ sind, sind die Lesben und Schwulen für die ÖVP“, betont HOSI-Wien-Obmann Christian Högl. „Als Justizministerin hat sich Gastinger aufrichtig um unsere Anliegen bemüht, ist mit ihren anfangs sehr ambitionierten Gesetzesvorstößen aber schließlich nicht nur in ihrer eigenen Partei, sondern am kategorischen Nein der ÖVP gescheitert. Die Partei von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel hat in den vergangenen zwei Jahrzehnten jeglichen Fortschritt – ob Aufhebung des Schandparagrafen 209, Rehabilitierung der homosexuellen NS-Opfer, Schaffung eines wirksamen Anti-Diskriminierungsgesetzes oder rechtliche Gleichstellung der Partnerschaften – blockiert und hintertrieben. Die Ex-BZÖ-Vizeobfrau sagte gestern in Interviews anlässlich ihres Parteiaustritts, sie wolle sich noch in den Spiegel schauen können – sollte sie sich auf einen Deal mit Schüssel einlassen, kann sie ihre Spiegel abhängen!“
20 Jahre ÖVP sind genug
„Seit 1983 verfügen ÖVP und FPÖ im Nationalrat über eine Mehrheit. Seit 20 Jahren ist die ÖVP an der Regierung. Die ÖVP hat ihre Macht immer benutzt, um gesellschaftspolitische Reformen zu torpedieren. Es ist daher allein schon aus demokratiepolitischen Gründen höchst an der Zeit, dass die ÖVP auf einige Zeit in Opposition geschickt wird. Und für die Verbesserung der rechtlichen Lage und der Lebenssituation von Lesben, Schwulen und Transgender-Personen wäre das sowieso die Voraussetzung. Die HOSI Wien ruft daher alle Lesben und Schwulen und ihre Familien und FreundInnen auf, wenigstens diesmal eine Mehrheit der fortschrittlichen Parteien zu ermöglichen und am 1. Oktober der SPÖ oder den Grünen die Stimme zu geben – sonst sind weitere vier Jahre vertan“, so Högl abschließend.