Anläßlich der kommenden Montag beginnenden Session des Verfassungsgerichtshofs, in der sich dieser abermals mit der Menschenrechts- und Verfassungsmäßigkeit des homosexuellendiskriminierenden Paragraphen 209 StGB befassen wird, appelliert die Homosexuelle Initiative (HOSI) Wien an den VfGH, die Entscheidung nicht weiter zu verzögern.
„Die Sache ist ohnehin seit Jahren klar: Daß unterschiedliche Mindestaltersgrenzen für homo- und heterosexuelle Beziehungen eine Verletzung der Menschenrechtskonventionen darstellen, haben u. a. bereits die Europäische Menschenrechtskommission, der UNO-Ausschuß für Menschenrechte, das Europäische Parlament und die Parlamentarische Versammlung des Europarats festgestellt. Die wissenschaftlichen Fakten sind ebenso eindeutig wie die Rechtsentwicklung in ganz Europa“, stellt dazu HOSI-Wien-Obfrau Helga Pankratz fest. „Es wird dem VfGH daher ohnehin nichts anderes übrigbleiben, als die Verfassungswidrigkeit des § 209 festzustellen.“
VerfassungsrichterInnen laden persönliche Schuld auf sich
„Jedes weitere Hinauszögern dieser Entscheidung verursacht zusätzliche Menschenrechtsverletzungen, weil § 209 nach wie vor angewendet wird“, ergänzt HOSI-Wien-Obmann Christian Högl. „Mit jedem weiteren Fall und jedem weiteren Tag, an dem § 209 besteht, vergrößern die VerfassungsrichterInnen daher auch ihre persönliche Schuld an diesen Menschenrechtsverletzungen. Es ist höchste Zeit, daß der VfGH sein skandalöses Fehlurteil aus 1989 korrigiert, mit dem er § 209 für verfassungskonform erklärte. Das Ende der kommenden Session des VfGH fällt mit der Regenbogen-Parade am 29. Juni in Wien zusammen. Wir hoffen, daß wir bei dieser Gelegenheit dann endlich das Ende der menschenrechtswidrigen strafrechtlichen Diskriminierung von Homosexuellen in Österreich feiern werden können.“
Seit dem homophoben VfGH-Spruch aus 1989 wurden rund 250 Personen nach diesem menschenrechtswidrigen Paragraphen verurteilt, seit Einführung des § 209 im Jahre 1971 insgesamt über 1200 Personen. Für die Zeit nach der Aufhebung des § 209 hat die Generalversammlung der HOSI Wien bereits am 3. März 2002 einen umfassenden Forderungskatalog für die Rehabilitierung und Entschädigung der Opfer der strafrechtlichen Verfolgung von Lesben und Schwulen in Österreich im 20. Jahrhundert und bis heute verabschiedet.