„Die Homosexuelle Initiative (HOSI) Wien gratuliert der Tageszeitung Der Standard zu den drei vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) gewonnenen Verfahren gegen die Republik Österreich“, erklärt HOSI-Wien-Obmann Christian Högl zum Bericht im Standard vom Wochenende (S. 39).
„Auch wir finden, dass Österreichs Gerichte, und hier speziell das Oberlandesgericht Wien, ‚Wiederholungstäter‘ sind. Wir begrüßen auch die Initiative des Ludwig-Boltzmann-Instituts für Menschenrechte, Fortbildungsseminare in Sachen Recht auf freie Meinungsäußerung und diesbezügliche EGMR-Judikatur für MedienrichterInnen anzubieten, denn offenbar scheinen hier in Österreich tatsächlich noch große Inkompetenz und somit riesiger Nachholbedarf bei den RichterInnen zu bestehen.“
„Geistiger Nachfahre der braunen Nazi-Schergen“
„Wir haben heute gleich sechs Plätze beim LBI für Menschenrechte zum nächstmöglichen Seminar vorreserviert“, ergänzt HOSI-Wien-Generalsekretär Kurt Krickler, „und zwar für jene RichterInnen des Oberlandesgerichts Wien, die mich und die HOSI Wien in einem von einem Ex-ÖVP-Abgeordneten angestrengten Ehrenbeleidigungsverfahren bereits verurteilt haben bzw. es demnächst tun werden. Wir hatten im Vorjahr in einem Werturteil, das nach gängiger Rechtsprechung des EGMR unter die freie Meinungsäußerung fällt, diesen Ex-Abgeordneten als ‚geistigen Nachfahren der braunen Nazi-Schergen‘ bezeichnet. Nachdem wir in erster Instanz von einer jungen, mit der einschlägigen Rechtsprechung des EGMR bestens vertrauten Richterin freigesprochen worden waren, wurde der Freispruch vom OLG aufgehoben, woraufhin wir von einer anderen Richterin in erster Instanz verurteilt werden mussten. Unsere Berufung gegen diesen Schuldspruch liegt jetzt wieder beim OLG.“
Helsinki-Förderation für Menschenrechte kritisiert Verurteilung
„Unsere menschenrechtswidrige Verurteilung vergangenen April hat auch international Aufsehen erregt“, so Krickler weiter. „Die Internationale Helsinki-Föderation für Menschenrechte, die zu den Verhandlungen am 28. April 2005 (Freispruch) und 21. April 2006 (Schuldspruch) einen Beobachter entsandt hatte, hat diese Verurteilung in einer eigenen Stellungnahme am 5. Mai 2006 heftig kritisiert.“
Richterliche Inkompetenz verursacht hohe Kosten für die SteuerzahlerInnen
„Es ist höchste Zeit, dass Österreichs RichterInnen in ihrer Ausbildung auf diesem Gebiet auf europäisches Niveau herangeführt werden“, erklärt Högl. „Dies liegt auch im Interesse der SteuerzahlerInnen, denn jede Verurteilung Österreichs in Straßburg kostet sie zehntausende Euro an Kostenersatz an die KlägerInnen. Es ist ja nicht hinzunehmen, dass die SteuerzahlerInnen diese Kosten tragen müssen, nur weil RichterInnen fachlich überfordert bzw. höchst mangelhaft ausgebildet sind.“
Die HOSI Wien hat jedenfalls OLG-Präsident Harald Krammer in einem Schreiben aufgefordert, den betroffenen RichterInnen den Besuch des Fortbildungsseminars am LBI für Menschenrechte dringend nahezulegen.
Ausführliche Informationen über das Verfahren gegen die HOSI Wien finden sich unter dieser Aussendung sowie hier. Darüber hinaus wurde schon im Vorjahr eine eigene Abteilung „SOS Meinungsfreiheit“ eingerichtet.
Stellungnahme der Helsinki-Föderation