„Nach dem skandalösen Urteil in Wiener Neustadt vergangenen Freitag und da heute am Landesgericht Wien schon wieder ein Mann wegen dieses menschenrechtswidrigen Paragraphen vor Gericht steht, hat sich die HOSI Wien entschlossen, die von ihr vor kurzem ins Leben gerufene Selbstbezichtigungsaktion ‚Auch ich habe gegen § verstoßen!‘ jetzt breit öffentlich zu lancieren, um § 209 endlich zu Fall zu bringen“, erklärt Obfrau Helga Pankratz.
„Bei dieser Aktion haben wir Anleihe genommen bei einer ähnlichen Kampagne in den 70er Jahren in Deutschland, bei der rund 400 mutige und teilweise sehr prominente Frauen die teilweise Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs dadurch beschleunigt haben, daß sie in einer vielbeachteten Selbstbezichtigungsaktion in der Illustrierten stern bekannten: ‚Ich habe abgetrieben!‘“
„Sinn der Aktion ist es“, erklärt HOSI-Wien-Obmann Christian Högl, „zu zeigen, daß § 209 Unrecht ist. Jene, die sich heute dazu bekennen können, weil ihre ‚Tat‘ verjährt ist bzw. weil die jugendlichen Partner nicht bekannt sind, geben durch ihr Bekenntnis zu verstehen, daß ein Verstoß gegen § 209 nichts Schlechtes ist, wofür sie sich schämen oder genieren. Natürlich ist ein Ziel der Aktion auch, § 209 lächerlich zu machen und ad absurdum zu führen, damit auch die letzten Hardliner in der ÖVP und FPÖ sehen, daß sie auf verlorenem Posten stehen.“
Gegen § 209 kann im Prinzip jede/r verstoßen – nämlich als Mit- bzw. BeihilfetäterIn. Als KomplizInnen kommen z. B. jene in Frage, die nach § 209 verbotene Sexualkontakte wissentlich ermöglichen bzw. unterstützen, etwa weil sie dem Paar ein Bett oder die Wohnung zur Verfügung stellen. Sie können sogar selbst Jugendliche unter 18 sein!
„Am schönsten“, meint Pankratz weiter, „wären in der Tat Testimonials von Müttern, Vätern, Schwestern und besten FreundInnen, die bekennen: ‚Ja, ich habe gegen § 209 verstoßen, indem ich meinem 16jährigen Sohn/Bruder/Freund das Wochenendhaus/meine Wohnung überließ, damit er mit seinem 19jährigen Freund allein sein konnte.‘ Oder Taxi-Orange-Robert könnte erklären: ‚Auch ich habe gegen § 209 verstoßen, weil ich einen 24jährigen Bekannten, dem der Führerschein entzogen worden war, zum Rendezvous mit seinem 17jährigen Freund chauffiert habe.‘“
Hermes Phettberg, Kurt Krickler und Friedl Nussbaumer „Erstbekenner“ – Notfalls Asyl in Schweden
Die ersten Bekenner haben sich bereits als 209er-„Täter“ geoutet, um die Aktion zu lancieren: Hermes Phettberg und die beiden HOSI-Wien-Aktivisten Kurt Krickler und Friedl Nussbaumer. Näheres auf der HOSI-Wien-Homepage hier. „Ich habe keine Angst vor polizeilicher oder gerichtlicher Verfolgung“, erklärt Krickler, „ich würde auch keine Sekunde zögern, in Schweden um politisches Asyl anzusuchen, sollten es die Strafverfolgungsbehörden wagen, ein Verfahren gegen mich einzuleiten. Da die Politik bei der Beseitigung dieser Menschenrechtsverletzung dermaßen versagt, ist ziviler Ungehorsam das Gebot der Stunde. Ich hoffe, daß sich viele der Aktion anschließen werden.“