Die heute in Wien erstmals vorgestellte Plattform „Ethik für ALLE“, die sich für einen vom Religionsunterricht losgelösten Ethikunterricht einsetzt, stößt auf breite Unterstützung. Auch die HOSI Wien begrüßt diese Initiative: „Wir finden es wichtig, dass der Ethikunterricht für alle und keinesfalls nur für jene SchülerInnen verpflichtend wird, die sich vom Religionsunterricht abgemeldet haben. Vielmehr soll der Religionsunterricht freiwillig sein, zu dem sich Interessierte zusätzlich zum Ethikunterricht anmelden können“, erklärt HOSI-Wien-Obmann Christian Högl.
Im Folgenden die Aussendung der Initiative „Religion ist Privatsache“ vom 19. September 2012:
Wien (OTS) – Für Nationalrat Dr. Harald Walser, Gymnasiumsdirektor und Bildungssprecher der Grünen, ist die Trennung von Staat und Kirche „eine der großen Errungenschaften seit der Aufklärung“, während beide – Staat und Kirche(n) – „wichtige, aber eben eigene Aufgaben“ haben. Staat und Kirche dürfen laut Walser nicht vermischt werden: „Gerade Österreich hat eine lange Tradition, in der diese notwendige Trennung nicht konsequent befolgt wurde. Das gilt insbesondere für die Schule.“ Eine Antwort auf fundamentalistische und demokratieverachtende Tendenzen in etlichen Religionsgemeinschaften könnte laut Walser ein verbindlicher Ethik- und ReligionENunterricht liefern. Dieser soll, so Walser, „alle Kinder nicht nur dazu bewegen, sich kritisch mit Weltanschauungen zu befassen, sondern auch gemeinsam über gesellschaftliche Werte – etwa die Stellung der Frau, Toleranz oder Schwangerschaftsverhütung – zu diskutieren. Niemand soll indoktriniert werden, sondern alle sollen und müssen in der Schule zu einem Gedankenaustausch über unterschiedliche, miteinander oft unvereinbare Werthaltungen, animiert werden. In einer Gesellschaft mit wirklicher Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit ist es die Aufgabe des Staates, diese Auseinandersetzung zu fördern.“
Der Verband Sozialistischer StudentInnen (VSStÖ) spricht sich ebenfalls für eine klare Trennung von Religion und Ethik aus. „Ethik und Religion können nicht Hand in Hand gehen. Der Ethikunterricht muss den Religionsunterricht vollständig ersetzen und von Lehrpersonen unterrichtet werden, die über eine Ausbildung verfügen und nicht einfach von der Kirche bestellt werden“, stellt VSStÖ-Sprecher Patrick Pechmann klar. Für Pechmann „haben Schulen die Aufgabe, Schüler und Schülerinnen in ihrer Identitätssuche zu stärken und Toleranz zu vermitteln. Nur so kann Verständnis und Respekt vermittelt werden“. Klare Vorstellung hat die VSStÖ auch bezüglich der Qualitätssicherung des Ethikunterrichtes: „SchülerInnen haben Lehrpersonen mit adäquater Ausbildung verdient. Lehrpersonen, die von der Kirche geschickt werden, können, per Definition, gegenüber sämtlichen Glaubensrichtungen sowie atheistischen Auslegungen nicht neutral bzw. objektiv sein. Um den Sinn von einem Ethikunterricht zu wahren, ist es wichtig, dass ein eigener Lehrstuhl und ein Lehramtsstudium für das Unterrichtsfach Ethik eingerichtet werden.“
Elisabeth Blanik, Landtagsabgeordnete und Bildungssprecherin des Tiroler SPÖ-Klubs, schließt sich mit einer klaren Aussage den Forderungen der Plattform ebenfalls an: „Ethikunterricht für alle im Klassenverband und dafür den konfessionellen Religionsunterricht freiwillig am Ende des Unterrichtstages – das wäre für mich die beste Lösung!“
Unterstützung erhält die Plattform auch von der Homosexuellen Initiative (HOSI) Wien. Deren Obmann Christian Högl erwartet sich von einem für alle Schüler und Schülerinnen verpflichtenden Ethikunterricht die Vermittlung „allgemein vertretbarer Werte, wie Respekt für und Toleranz gegenüber allen Menschen, und zwar ungeachtet ihrer Weltanschauung, ethnischen Herkunft oder sexuellen Orientierung“. Ein „Entweder-Oder“-Modell, das derzeit auch im Kern des Schulversuchs Ethikunterricht zu finden ist, lehnt Högl jedoch strikt ab, da dieses es Religionsgemeinschaften ermöglicht, sich „in Augenhöhe gegenüber dem Staat zu positionieren und zwar auch dann, wenn sie traditionell Menschenhass und die Ausgrenzung Andersdenkender gepredigt und praktiziert haben“. Högl verweist in diesem Zusammenhang auch darauf, dass es gerade religiös erzogenen Menschen oft besonders schwerfällt, ihre Homosexualität zu akzeptieren, und sie aufgrund ihres Glaubens in schwere Gewissenskonflikte geraten, die in manchen Fällen sogar im Suizid enden. Ein verpflichtender Ethikunterricht könnte hier kompensatorisch wirken.