„Zur Feier unseres 25-jährigen Bestehens“, erklärt HOSI-Wien-Obfrau Bettina Nemeth, „wollten wir für das kommende Fahrplanjahr zwei ÖBB-Züge ‚Homosexuelle Initiative‘ taufen. Ein Eilzug von Passau nach Wien und einer von Salzburg nach Innsbruck sollten von Dezember 2004 bis Dezember 2005 unseren Namen tragen, wofür wir – eben wegen des einmaligen Anlasses – auch tief in unsere Vereinstasche gegriffen hätten.“
„Obwohl bereits bei der Agentur fix gebucht und angezahlt, wurde der Auftrag von dieser storniert, nachdem das zuständige ÖBB-Gremium den Zugnamen abgelehnt hatte“, berichtet HOSI-Wien-Obmann Christian Högl weiter. „Wir fühlten uns plötzlich wieder in unsere Anfangszeit zurückversetzt. Unfassbar, dass solche Dinge auch heute noch passieren. Das ist hochgradig anachronistisch, bedenkt man etwa, wie massiv der Wiener Tourismusverband durch entsprechende Werbemaßnahmen Schwule und Lesben ansprechen will oder dass die österreichische Fremdenverkehrswerbung mit ‚Gayfriendly Austria‘-Broschüren wirbt.“
Am Abstellgleis
„Und dabei betonen die Österreichischen Bundesbahnen stets, ein modernes Unternehmen sein zu wollen“, ergänzt Nemeth. „Mit ihrer Haltung stehen die ÖBB-Manager jedoch hoffnungslos am Abstellgleis. Die scheinen die Zeichen der Zeit noch nicht erkannt zu haben: Mit ihren Ansichten und Positionen können sie vielleicht noch im mittleren ÖBB-Management überleben, aber zum EU-Kommissar brächten sie es damit nicht! – Apropos EU-Kommission: Wir werden diesen Fall an die neue EU-Kommission herantragen, zeigt er doch anschaulich, dass die bisherigen EU-Antidiskriminierungsrichtlinien im Bereich des Zugangs zu Waren und Dienstleistungen nicht ausreichen, weil in diesem Bereich eine Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung nicht verboten ist. Wir haben daher keine rechtliche Handhabe gegen das Vorgehen der ÖBB, das unsere Möglichkeiten einschränkt, auf unsere berechtigten Anliegen aufmerksam zu machen, und uns auf dem wichtigen Feld der Spendenakquirierung benachteiligt.“
Machtwort erforderlich
„Wir haben den neuen ÖBB-Vorstandssprecher Martin Huber sowie Verkehrsminister Hubert Gorbach in Briefen aufgefordert, ein Machtwort zu sprechen und die Zugpatronanz zu ermöglichen. Sollte es für den kommenden Fahrplanwechsel nunmehr zu spät sein, bestehen wir auf jeden Fall darauf, für das übernächste Fahrplanjahr 2005/6 entsprechende Zugpatronanzen erwerben zu können. Wir ersuchen die SPÖ und die Grünen, entsprechende parlamentarische Initiativen zu setzen, um diese unglaubliche Diskriminierung abzustellen“, so Högl abschließend. „Die HOSI Wien ist ja kein Sex- oder Pornounternehmen, sondern eine NGO, die als Teil der Zivilgesellschaft für die Menschenrechte und Gleichstellung von Lesben und Schwulen und gegen Unterdrückung und Diskriminierung jeglicher Art eintritt und dabei gegen bigotte Vorurteile, Irrationalismus, Obskurantismus und religiösen Wahn kämpft. Wie man sieht, ist auf diesem Gebiet noch viel zu tun.“