„Mit einiger Verwunderung haben wir zur Kenntnis genommen, dass die Wiener ÖVP ihre bisherige Haltung geändert hat und gestern im Gemeinderat – gemeinsam mit der FPÖ – gegen die Zuerkennung einer Förderung an die Homosexuelle Initiative (HOSI) Wien gestimmt hat“, erklärt Obmann Christian Högl.
„Dies hat uns insofern überrascht, als die Bedeutung und die Qualität unserer Arbeit ja im letzten Jahr nicht abgenommen haben – eher im Gegenteil: Die Inanspruchnahme unserer Coming-out-Arbeit und der Besuch unserer Jugendgruppe werden immer intensiver und die Vorträge unseres Schulbesuchsprojekts queerconnexion immer zahlreicher. Und auch sonst werden unsere Aktivitäten und Angebote, nicht zuletzt aufgrund der im Vorjahr erfolgten räumlichen Erweiterung unseres Vereinslokals Gugg, immer umfangreicher und professioneller.“
Besonders befremdlich erscheinen in diesem Zusammenhang die Aussagen von ÖVP-Gemeinderat Manfred Juraczka, der zwar eine Subvention für Homosexuelle als „unterstützenswert“ bezeichnete, insbesondere für die Coming-out-Arbeit, aber dennoch gegen die Förderung stimmte und erklärte, er wünsche sich ein Mindestmaß an „Niveau und Respekt von jemandem, der öffentliche Gelder erhält“. „Diesen Vorwurf“, so Högl weiter, „können wir überhaupt nicht nachvollziehen. Immerhin äußerte die jetzige ÖVP-Gemeinderätin Sabine Schwarz in dieser Hinsicht nicht die leiseste Kritik, als sie vorigen September im Wahlkampf an einer Podiumsdiskussion mit VertreterInnen anderer wahlwerbender Parteien im Gugg teilnahm. Aber vielleicht spielt Juraczka auf unsere zehn Jahre alte Kritik an der Kandidatur von Gudrun Kugler für die ÖVP Wien bei den Gemeinderatswahlen 2005 an? Das wäre indes sehr nachtragend!“
Arroganz gegenüber zivilgesellschaftlichem Engagement
„Offenkundig ist das gestrige Abstimmungsverhalten ein weiteres Indiz dafür, dass die ÖVP Wien nach den herben Verlusten bei den Wiener Landtagswahlen im Oktober – sie stürzte auf einen historischen Tiefstand unter zehn Prozent und damit in die völlige politische Bedeutungslosigkeit ab – unter ihrem neuen Landesobmann Gernot Blümel jetzt das Heil weit rechts der Mitte in der Nähe der FPÖ sucht“, mutmaßt Högl. „Die vordergründige Scharfmacherei à la Reinhold Lopatka und die sektoiden Anwandlungen einer Gudrun Kugler, die es diesmal endlich in den Gemeinderat geschafft hat, werden die Landespartei in der Wählergunst aber auch nicht wieder nach vorne bringen!“
„Wenn etwas niveaulos ist, dann die Einstellung der ÖVP, mit einer öffentlichen Förderung könne sich eine bestimmte Partei politisches Wohlverhalten erkaufen. Und wenn etwas absolut respektlos ist, dann ihre arrogante Haltung gegenüber unserer Arbeit. – Die HOSI Wien ist eine beispielhafte NGO, in der dutzende AktivistInnen jedes Jahr tausende ehrenamtliche Arbeitsstunden leisten und seit über 35 Jahren vorbildliches zivilgesellschaftliches Engagement unter Beweis stellen und für eine bessere Gesellschaft kämpfen. Und sicherlich haben wir durch unsere Angebote auch schon den einen oder anderen Selbstmord junger Lesben und Schwuler verhindert“, so Högl abschließend. „Insofern ist es uns aber ein großer Trost, dass es zumindest in Wien auf die Stimmen der ÖVP nicht ankommt.“ Die Förderung an die HOSI Wien wurde mit den Stimmen von SPÖ, Grünen und NEOS beschlossen.