Nachdem die HOSI Wien im Vormonat dem UNO-Ausschuss für Menschenrechte über die unerträgliche Knebelung der Meinungsfreiheit in Österreich während der „bleiernen Zeit“ der Regierung Schüssel berichtet hatte (vgl. Aussendung vom 21. Februar 2007), hat sie die Menschenrechtsverletzungen in Österreich auf diesem Gebiet nunmehr auch auf einer Tagung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) zum Thema „Versammlungs-, Vereins- und Meinungsfreiheit“, die gestern in Wien zu Ende ging, zur Sprache gebracht.
„Wir haben diesem sogenannten ‚Ergänzungstreffen der Menschlichen Dimension‘ der OSZE eine schriftliche Stellungnahme vorgelegt, in der wir auf die systematische Unterdrückung der Meinungsfreiheit in Österreich durch eine wahre Klagsflut seitens von FPÖ-, BZÖ- und ÖVP-Politikern gegen kritische JournalistInnen und unliebsame GegnerInnen hinweisen“, berichtet Kurt Krickler, Generalsekretär der HOSI Wien. „Darin machen wir auch auf die unrühmliche Tätigkeit inkompetenter bzw. voreingenommener RichterInnen aufmerksam, die als willige VollstreckerInnen der schwarz-blauen Einschüchterungspolitik agiert haben.“
Systematisches Versagen der österreichischen Justiz
„Deren menschenrechtswidrige Fehlurteile haben in jüngster Zeit zu einer Reihe von Verurteilungen Österreichs durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg geführt“, ergänzt Krickler. „Österreich hält in diesem Bereich mittlerweile den traurigen Europarekord an Verurteilungen unter allen 46 Europaratsstaaten. Nicht nur die drei von der EU eingesetzten Weisen haben diese menschenrechtswidrigen Zustände in ihrem Bericht im Jahr 2000 verurteilt, sondern auch internationale NGOs, wie etwa die Internationale Helsinki-Föderation für Menschenrechte oder ARTICLE 19 – letztere sprach in diesem Zusammenhang von einem ‚systematischen Versagen des österreichischen Justizsystems‘“ (vgl. Aussendung vom 23. März 2007).
Im Strafrecht nichts verloren
„In meiner Wortmeldung gestern auf der OSZE-Tagung betonte ich auch, dass die Tatbestände ‚üble Nachrede‘ und ‚Beleidigung‘ im Strafrecht nichts verloren haben“, berichtet Krickler weiter. „Die Information, dass das österreichische Strafgesetzbuch dafür eine Höchststrafe von einem Jahr Gefängnis vorsieht, löste bei etlichen Delegierten Kopfschütteln aus. Ich forderte die OSZE daher auch auf, vehement dafür einzutreten, dass solche Strafbestimmungen in allen Mitgliedsstaaten, in denen solche noch bestehen, abgeschafft werden. Es reiche vollkommen aus, sich gegen Ehrenbeleidigung zivilrechtlich wehren zu können.“
Justizministerin Berger gefordert
An und für sich handelt es sich bei der Abschaffung strafrechtlicher Beleidigungstatbestände um bereits bestehende Empfehlungen sowohl des Europarats als auch der OSZE, aber Österreich ist bei der Umsetzung dieser Forderung säumig. Hier ist Justizministerin Maria Berger gefordert, die Initiative zu ergreifen. Berger hatte zwar drei Tage nach Übermittlung unseres Schattenberichts an den UNO-Ausschuss für Menschenrechte angekündigt, dass ihr Ministerium bei der Generalprokuratur anregen werde, diese möge gegen zwei Urteile gegen die Meinungsfreiheit, die mittlerweile dem EGMR als Beschwerdefälle vorliegen, beim Obersten Gerichtshof Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes einlegen. „Wir finden aber, dass eine solche Symptombekämpfung nicht ausreicht“, meint Krickler. „Die strafrechtlichen Tatbestände gehören abgeschafft, und die richterliche Ausbildung in Sachen Auslegung der Europäischen Menschenrechtskonvention und Judikatur des EGMR muss intensiviert werden. Die diesbezüglichen Fortbildungsseminare des Ludwig-Boltzmann-Instituts für Menschenrechte sollten ausgebaut werden“ (vgl. Aussendung vom 6. November 2006).
Österreich weiter an den Pranger stellen
„Die HOSI Wien, die ja durch die Klage des Ex-ÖVP-Abgeordneten Walter Tancsits selber Opfer dieser menschenrechtswidrigen Praxis während der sieben dunklen Jahre der schwarz-blau-orangen Herrschaft wurde, wird jedenfalls, solange dieses Ehrenbeleidigungsverfahren läuft, auch in Zukunft keine sich bietende Gelegenheit auslassen, auf internationalen Foren Österreich wegen dieser Menschenrechtsverletzungen anzuprangern“, kündigt Krickler abschließend an.
HINWEIS: Die Stellungnahme der HOSI Wien an die OSZE-Tagung zum Download.