Nun hat erstmals ein österreichisches Gericht eine rechtskräftige Entscheidung wegen Diskriminierung am Arbeitsplatz aufgrund sexueller Orientierung nach dem neuen Gleichbehandlungsgesetz gefällt: Ein Salzburger Gericht hat einem offen homosexuellen Arbeitnehmer Schadenersatz für Diskriminierung und das erlittene homophobe Mobbing am Arbeitsplatz zuerkannt.
„Dem Mut und der Beharrlichkeit eines Betroffenen ist es zu verdanken, dass das österreichische Gleichbehandlungsrecht reale Auswirkungen zeigt“, unterstreicht Dieter Schindlauer, Präsident des Klagsverbands zur Durchsetzung der Rechte von Diskriminierungsopfern, die Bedeutung dieses Urteils. „Es sollte alle von Diskriminierung und Belästigung betroffene Menschen motivieren, das Recht zu nutzen, um Gleichbehandlung einzufordern.“ Der Klagsverband trat im Prozess als Nebenintervenient auf. „Auf Grundlage dieses richtungsweisenden Präzedenzfalls“, so Schindlauer weiter, „kann sich nun eine rechtliche Praxis im Antidiskriminierungsbereich entwickeln. Wir werden diese Praxis verfolgen und mitgestalten, um darauf hinzuwirken, dass sich das Recht letztlich mehr und mehr an den realen Bedürfnissen der Betroffenen orientiert.“
Das Urteil ist – soweit ersichtlich – überhaupt die erste rechtskräftige Gerichtsentscheidung zu den „neuen“ Diskriminierungsverboten in der Arbeitswelt.
Zur Info: Das neue Gleichbehandlungsgesetz, das aufgrund EU-rechtlicher Vorgaben am 1.7.2004 in Kraft trat, verbietet in umfassender Weise Diskriminierungen in der Arbeitswelt (und teilweise darüber hinaus). Seither sind – zusätzlich zum bereits zuvor bestehenden Verbot der Diskriminierung aufgrund des Geschlechts – auch Diskriminierungen aufgrund ethnischer Zugehörigkeit, Religion, Weltanschauung, Alter oder sexueller Orientierung ausdrücklich untersagt. Der/Die Dienstnehmer/in kann sich beispielsweise gegen Diskriminierungen bei der Einstellung, der Entgeltbemessung, der Beförderung, der Kündigung oder gegen Belästigungen aus den genannten Gründen wehren. Diskriminierungen aufgrund ethnischer Zugehörigkeit sind darüber hinaus auch in sonstigen Bereichen (etwa Sozialschutz, Bildung, Zugang zu Waren und Dienstleistungen) unzulässig.
Belästigung durch Mobbing
„Im konkreten Fall ging es um einen Salzburger LKW-Fahrer, der sich offen zu seiner Homosexualität bekennt“, berichtet Rechtsanwalt Thomas Majoros (Kanzlei Dietrich Majoros Marchl) aus Wien, der den Kläger vor Gericht vertrat. „Wegen seiner Homosexualität wurde der LKW-Fahrer hauptsächlich von zwei Lagerarbeitern einer Spedition, zu der er täglich für Be- und Entladetätigkeiten fuhr – und noch immer fährt –, über einen längeren Zeitraum verspottet. Dabei fielen obszöne Ausdrücke und andere diskriminierende Äußerungen. Auch wurde die hohe Stimme des LKW-Fahrers nachgemacht. Die Situation eskalierte, als auch dritte Personen einbezogen wurden, etwa indem diese, wenn sie sich mit ihm unterhielten, gefragt wurden, ob sie auch schwul seien. Dies führte dazu, dass sich einige Mitarbeiter von ihm distanzierten und er sich immer mehr ausgegrenzt fühlte. Der Arbeitgeber des LKW-Fahrers hatte die Belästiger mehrmals aufgefordert, die Diskriminierungen zu beenden.“
Der LKW-Fahrer machte beim Landesgericht Salzburg einen immateriellen Schadenersatz gemäß § 26 Abs 11 iVm § 21 Gleichbehandlungsgesetz geltend. „Obwohl ihm im konkreten Fall ein Vielfaches dieses Betrages zugestanden wäre, forderte er von den beiden Lagerarbeitern jeweils nur den gesetzlich geregelten Mindestbetrag von € 400, weil es ihm um die Grundsatzfrage und nicht um die Erlangung finanzieller Vorteile ging“, so Majoros weiter. „Nach insgesamt vier Verhandlungen und mehreren Zeugeneinvernahmen stellte das Gericht fest, dass es tatsächlich zu den vom Kläger vorgebrachten Belästigungen gekommen ist, und gab den beiden Klagen statt. Das sehr sorgfältig begründete Urteil ist vor kurzem rechtskräftig geworden.“
Positives Signal an alle Lesben und Schwulen
„Wir sind höchst erfreut über den positiven Ausgang dieses Verfahrens“, erklärt Kurt Krickler, Generalsekretär der Homosexuellen Initiative (HOSI) Wien, die Gründungsmitglied des Klagsverbands ist und den Betroffenen an diesen vermittelt hat. „Für uns ist das Urteil ein wichtiges Signal, das allen Lesben und Schwulen Mut machen sollte, sich gegen Diskriminierung in der Arbeitswelt zur Wehr zu setzen. Angesichts der prekären Lage am Arbeitsmarkt steht ja zu befürchten, dass heutzutage immer mehr Benachteiligungen aus Angst um den Arbeitsplatz resigniert hingenommen werden. Der Klagsverband und die HOSI Wien werden jedenfalls gemeinsam mit engagierten AnwältInnen auch in Zukunft Diskriminierungsopfer kompetent und effektiv unterstützen.“