Straßburg/Wien (OTS) – Heute früh, 15. 7. 98, hat eine große Mehrheit der Sozialdemokratischen Fraktion und der Europäischen Volkspartei des Europa-Parlaments (EP) dagegen gestimmt, Resolutionsentwürfe dreier kleinerer Fraktionen (Grüne, Liberale, Vereinigte Europäische Linke) auf die Tagesordnung der morgigen EP-Sitzung zu setzen.
Die Resolutionen hätten einerseits die Beitrittsländer mit lesben- und schwulendiskriminierenden Gesetzesbestimmungen aufgefordert, diese als Vorbedingung für einen Beitritt abzuschaffen. Andererseits hätte das EP mit diesen Resolutionen Österreich zum dritten Mal aufgefordert, den menschenrechtswidrigen Paragraph 209 des österreichischen Strafgesetzes (höhere Mindestaltersgrenze für Schwule) aufzuheben. Das wollten die sozialdemokratischen Europa-Abgeordneten der SPÖ offenbar aus patriotischen Gründen verhindern.
„Es wäre in der Tat äußerst peinlich gewesen“, erklärt dazu HOSI-Wien-Generalsekretär Kurt Krickler aus Straßburg, „wäre Österreich während seiner Präsidentschaft vom EP neuerlich verurteilt worden. Wir sind von der österreichischen Sozialdemokratie total enttäuscht. So hatte EP-Abgeordnete Maria Berger noch vor einigen Tagen auf der Wiener Regenbogen-Parade ihre Unterstützung für die Anliegen von Lesben und Schwulen erklärt, heute jedoch gegen die Behandlung dieser Resolutionsentwürfe gestimmt. Wir empfinden das als total verlogen. Wäre der SPÖ die Aufhebung des Paragraphen 209 tatsächlich ein wichtiges Anliegen, hätte sie eine derartige Aufforderung des EP unmittelbar vor der bevorstehenden Abstimmung über Paragraph 209 kommenden Freitag, 17. 7., wohl mehr als begrüßen müssen. Dieses Verhalten zeigt aber deutlich, daß Österreichs Lesben und Schwulen von der Sozialdemokratie auch in Zukunft außer schönen Worten nichts zu erwarten haben. Wir hoffen, daß dieses Verhalten auch das Wahlverhalten der österreichischen Lesben und Schwulen entsprechend beeinflussen wird.“