Der Rat der EU-SozialministerInnen hat gestern die „Richtlinie zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf“ verabschiedet, die auch Personen vor Diskriminierung und Ungleichbehandlung aufgrund der sexuellen Orientierung in allen Bereichen der Arbeitswelt schützen soll.
„Das ist in der Tat ein historischer Beschluß“, zeigt sich HOSI-Wien-Obfrau Waltraud Riegler höchst erfreut: „Die Mitgliedsstaaten haben jetzt drei Jahre Zeit, diese Antidiskriminierungsrichtlinie in nationales Recht umzusetzen. Gerade für Österreich ist das sehr bedeutsam, da Österreich zu jener Minderheit der EU-Mitgliedsstaaten zählt, die bisher über keinerlei Antidiskriminierungsgesetzgebung verfügen.“
„Wir fordern in diesem Zusammenhang jedoch, ergänzt Obmann Christian Högl, „daß Österreich sich nicht mit der Umsetzung der Richtlinie in ihrer von der EU vorgesehenen Minimalvariante begnügt, sondern sich bei dieser Gelegenheit ein umfassendes modernes Antidiskriminierungsgesetz gibt, das Menschen auch in anderen Lebensbereichen vor Ungleichbehandlung und Diskriminierung aus bestimmten Gründen schützt. Ein Entwurf für ein derartiges Gesetz ist ja bereits ausgearbeitet worden, und zwar im Rahmen eines NGO-Projekts, das vergangenen Montag mit dem 10. Bruno-Kreisky-Preis für Verdienste um die Menschenrechte ausgezeichnet wurde. Derartige Bestimmungen müßten z. B. den gesamten Bereich der Bereitstellung von bzw. des Zugangs zu Waren und Dienstleistungen umfassen, aber auch die Strafbarkeit von Aufwiegelung und Hetze gegen Gruppen aufgrund bestimmter Merkmale.“
„Die EU-Richtlinie ist die erste gemeinschaftliche Rechtsvorschrift, in der sexuelle Orientierung berücksichtigt wird“, unterstreicht HOSI-Wien-Generalsekretär Kurt Krickler, der auch Vorstandsvorsitzender des europäischen Lesben- und Schwulenverbands ILGA-Europa ist, die Bedeutung dieser Richtlinie. „Es ist auch ein großer Erfolg für die europäische Lesben- und Schwulenbewegung, die rund fünf Jahre konsequent Lobbying betrieben hat, um diesen Antidiskriminierungsschutz zu erreichen. Die Arbeit ist jedoch nicht beendet. Jetzt geht es darum, die Richtlinie möglichst umfassend in allen Mitgliedsstaaten umzusetzen und die Europäische Kommission zu drängen, weitere Richtlinien zum Schutz vor Diskriminierung in anderen Bereichen, in denen sie über Zuständigkeit verfügt, vorzuschlagen.“
Diese EU-Richtlinie basiert auf Artikel 13 EG-Vertrag in der Fassung des Amsterdamer Vertrags, der der Union die Zuständigkeit überträgt, Vorkehrungen zur Bekämpfung von Diskriminierungen aus Gründen des Geschlechts, der Rasse, der ethnischen Herkunft, der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Orientierung zu treffen. Österreich war in der Ratssitzung durch Tourismusstaatssekretärin Mares Rossmann (FPÖ) vertreten.
Nach dem gestrigen Beschluß müssen noch die SprachjuristInnen den Text überprüfen, bevor er endgültig genehmigt wird. Mit der Veröffentlichung der Richtlinie im Amtsblatt der EU und damit ihrem Inkrafttreten ist in einigen Monaten zu rechnen. Überdies hat der Rat gestern auch ein Antidiskriminierungsprogramm für die Jahre 2001-2006 genehmigt. Die EU wir in diesem Zeitraum 1,354 Milliarden Schilling für den Kampf gegen Diskriminierung aufgrund der im Artikel 13 genannten Merkmal, darunter aufgrund der sexuellen Orientierung, bereitstellen.
Siehe auch unsere eigene Abteilung zur Antidiskriminierung.