Mit einem Freispruch in allen Punkten und Abweisung aller Anträge des Privatanklägers endete heute vormittag der Strafprozess gegen die HOSI Wien, ihren Obmann Christian Högl und ihren Generalsekretär Kurt Krickler.
ÖVP-Abgeordneter Walter Tancsits hatte die beiden HOSI-Wien-Aktivisten wegen Ehrenbeleidigung und übler Nachrede geklagt, weil sie in einer Presseaussendung (OTS0075 vom 4. 3. 05) der ÖVP das „Vertreten nationalsozialistischen Gedankenguts“ vorgeworfen hatten und Krickler darin Tancsits als „geistigen Nachfahren der braunen Nazi-Schergen“ bezeichnet hatte. Tancsits hatte anlässlich einer Debatte im Nationalrat am 2. März 2005 die Position der ÖVP verteidigt und gerechtfertigt, die homosexuellen NS-Opfer weiterhin nicht ins Opferfürsorgegesetz (OFG) aufzunehmen und ihnen damit einen Rechtsanspruch auf Entschädigung vorzuenthalten.
„Wir freuen uns natürlich über diesen Freispruch“, zeigt sich Högl zufrieden, „aber ehrlich gesagt haben wir auch nichts anderes erwartet angesichts der einschlägigen Judikatur der letzten Jahre. Tancsits hat zwar volle Berufung eingelegt, aber wir rechnen nicht damit, dass die zweite Instanz anders entscheiden wird. Wie auch unser Verteidiger Thomas Höhne in seinem Plädoyer unter Hinweis auf die gängige Rechtsprechung betonte, muss sich ein Politiker eben auch scharfe Kritik gefallen lassen.“
„Im Übrigen“, ergänzt Krickler, „konnte Tancsits auch vor Gericht nicht plausibel erklären, warum die ÖVP die homosexuellen NS-Opfer nicht explizit ins OFG hineinschreiben will, wenn sie diese – wie er vorgibt – ohnehin nach dem OFG entschädigen will. Dieser Widerspruch war für niemanden nachvollziehbar, auch nicht für die Richterin.“
Appell an Sozialministerin Haubner, rasch für Gesetzesänderung zu sorgen
„Jedenfalls wurde im heutigen Gerichtsverfahren klar“, so Högl weiter, „dass nach jetziger Rechtslage – trotz gegenteiliger Beteuerungen der ÖVP – eine Entschädigung homosexueller NS-Opfer nach dem OFG nicht möglich ist. Würde das Sozialministerium das tun, wäre das ein willkürlicher und eindeutiger Rechtsbruch. Daher appellieren wir auch an Sozialministerin Ursula Haubner, endlich auch von ihrem Ressort aus die Initiative zu ergreifen und einen Gesetzesentwurf zur entsprechenden Novellierung des OFG vorzulegen. Am besten noch vor dem 5. Mai, dem 60. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Mauthausen! Auch der Sozialausschuss des Nationalrats wäre gut beraten, den diesbezüglichen Antrag der Grünen rasch zu behandeln und zu verabschieden, damit endlich auch den homosexuellen NS-Opfern volle Rehabilitierung und Anerkennung als NS-Opfer gewährt wird!“
Ausführliche Informationen über den Hintergrund des Verfahrens auf der Website-Abteilung „SOS Meinungsfreiheit“ unter www.hosiwien.at/sos.