Das Coming-out ist der Prozess, in dem man sich selbst seiner Homo- oder Bisexualität bewusst wird und sich schließlich auch öffentlich dazu bekennt. Das kann für manche ein sehr mühsamer und schmerzhafter Weg sein, es gibt aber auch immer mehr, für die es zum Glück nur wenige Probleme gibt.
Das innere Coming-out
Coming-out nach außen
Coming-out vor den Eltern
Das innere Coming-out
Man unterscheidet zwischen dem inneren Coming-out und dem äußeren. Zum inneren Coming-out gehört zuerst natürlich, seine Empfindungen für das eigene Geschlecht wahrzunehmen und zu akzeptieren. Meistens braucht das viel Zeit und ist zuerst einmal verwirrend. Immerhin leben wir in einer Welt, in der wir fast nur die Liebe zum anderen Geschlecht sehen. Verständlich, es verlieben sich ja die meisten Menschen nur in das jeweils andere Geschlecht und können sich anderes kaum vorstellen. Das beeinflusst unsere Erwartungen: Schon in den Märchen wird die Prinzessin vom Prinzen befreit, in den meisten Filmen küssen Männer Frauen, und die meisten Eltern sagen einem irgendwann Sachen wie „Wenn du einmal eine Frau und Kinder hast…” (natürlich immer nur zu Burschen, bei Mädchen wird vom Mann geredet).
Die meisten erwarten einfach, „normal“ zu sein, also heterosexuell. Wenn man dann früher oder später bemerkt, dass man sich viel mehr zum eigenen Geschlecht hingezogen fühlt, dann muss man das einmal verarbeiten. Viele sind sich unsicher, ob diese Gefühle echt sind oder ob das wieder vorbeigeht. Manche wollen es auch nicht wahrhaben und hoffen, es verschwindet, wenn sie nur stark genug ans andere Geschlecht denken.
Wenn du dir unsicher bist, dann nimm dir Zeit! Du musst nicht sofort wissen, ob du jetzt homo, bi oder hetero bist. Du bist niemandem Rechenschaft schuldig – außer dir selbst. Und vergiss nicht: Was auch immer du am Ende bist, es ist zu 100 Prozent natürlich und in Ordnung. Informiere dich ein bisschen und mach dich mit dem Thema vertraut! Wenn du mehr Infos brauchst oder auch nur einmal mit jemandem reden willst, dann schau doch an unserem Jugendabend vorbei und hol’ dir Coming-out-Unterstützung! Auch per E-Mail kannst du dich an uns wenden (jugend@hosiwien.at).
Coming-out nach außen
Wenn man seine sexuelle Orientierung schließlich für sich selbst akzeptiert hat, kommt das äußere Coming-out. Gemeint ist damit, dass man auch vor anderen zu sich selbst als Lesbe, Schwuler oder Bisexuelle(r) steht. Das ist zwar heute immer noch schwierig, aber zum Glück viel leichter als noch vor einigen Jahren.
Wenn man sich seinen Verwandten, FreundInnen oder Schul- bzw. ArbeitskollegInnen anvertraut, dann weiß man nicht, wie sie reagieren werden. Sind sie altmodisch? Haben sie eine schlechte Meinung über Homosexuelle? Man muss wissen, dass viele Heteros sich mit dem Thema nie wirklich befasst haben – es betraf sie ja bisher nicht. Wenn sie also etwas gegen Lesben oder Schwule haben, dann wahrscheinlich, weil sie Vorurteile haben. Sie denken an tuntige Schwule in rosa oder männerhassende Lesben. Viele wissen einfach nicht, wie falsch ihre Vorstellungen sind, weil sie noch keinen direkten Kontakt zu Lesben oder Schwulen hatten.
Wenn jemand lesbisch, schwul oder bi ist, bedeutet das ja nur, dass sich sein/ihr sexuelles Interesse (auch) auf Menschen des eigenen Geschlechts richtet. Sollten manche Menschen spontan schlecht reagieren, dann brauchen sie meistens nur ein bisschen Zeit, um die Botschaft zu verarbeiten. Und dann werden sie meist entdecken, dass die Bilder in ihrem Kopf mit dir als Person nur wenig zu tun haben.
Aber zum Glück haben mittlerweile die meisten Heteros kein Problem mehr mit dem Thema Homosexualität. Die meisten wissen, dass auch Lesben und Schwule Menschen „wie du und ich“ sind – nur dass sie das Bett als Frau mit einer Frau bzw. als Mann mit einem Mann teilen.
„Problemfall“ Coming-out vor den Eltern
Bei den Eltern kommt oft noch die Schwierigkeit dazu, dass sie sich vielleicht Enkelkinder und eine Hochzeit in weiß gewünscht haben (wobei ja sogar diese Erwartungen inzwischen nicht unerfüllbar sind). Klar, wünschen darf man sich vieles, das ist ja verständlich. Nur ist es nicht deine Verantwortung, diese Wünsche auch zu erfüllen. Du brauchst ihnen gegenüber kein schlechtes Gewissen zu haben, wenn sie erst einmal geschockt sind. Manche brauchen nur ein paar Wochen, um sich an die neue Vorstellung zu gewöhnen. Und das ist auch ok, wenn man bedenkt, wie lange viele Lesben und Schwule brauchen, um es sich selbst einzugestehen.
Im Freundeskreis ist es so, dass die meisten deutlich weniger Zeit brauchen. Gerade junge Leute sind oft ziemlich tolerant und akzeptieren einen so, wie man ist. Wenn sie das nicht tun, dann sollte das deren Problem sein. FreundInnen, die einen nicht so annehmen, wie man ist, waren ohnehin nie wirkliche welche.
Auch wenn du dazu Fragen hast (Wie sage ich es? Muss ich mir jede negative Reaktion gefallen lassen? etc.), kannst du dich selbstverständlich an uns wenden. Um dich bei deinem Coming-out zu unterstützen, ist jeden Donnerstag von 17:30 bis 19:00 Uhr jemand vom Team der HOSI-Wien-Jugend in unserem Café, dem Gugg. Weitere Infos zum Coming-out-Treff.
Klar, es ist nicht leicht, ein sogenanntes Coming-out zu haben (nicht zu verwechseln mit dem „Outing“ – so nennt man es, wenn jemand anderer es ohne die Zustimmung der betreffenden Person erzählt). Das braucht auch Mut. Aber es hat auch die wunderschöne Seite, dass man sich nicht mehr verstecken muss. Du kannst und darfst so leben, wie du glücklich wirst. Wenn du offen lesbisch oder schwul lebst, kannst du viel freier und leichter nach einem Freund/einer Freundin suchen und auch vor anderen zu ihr/ihm stehen. Das Leben als Lesbe bzw. als Schwuler hat sehr schöne Seiten. Wir sind nicht nur homosexuell, das ist eine Eigenschaft von vielen. Durchaus aber eine wichtige und jedenfalls eine, zu der man stehen kann. Und wenn man den Mut dazu aufbringt, dann kann man mit Recht stolz auf sich sein.
Schwul sein ist schön.*
Lesbisch sein ist toll.*
Trau dich!
*) Übrigens: Diese Aussagen waren nach dem österreichischen Strafgesetzbuch (§ 220: „Verbot der Werbung für gleichgeschlechtliche Unzucht”) bis 1. März 1997 strafbar. Das ändert aber nichts daran, dass sie richtig sind.
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