Nachdem ÖVP-Abgeordneter Walter Tancsits die HOSI Wien, ihren Obmann Christian Högl und ihren Generalsekretär Kurt Krickler sowohl zivilrechtlich (auf Unterlassung, Widerruf und Veröffentlichung des Widerrufs) als auch strafrechtlich (wegen übler Nachrede und Beleidigung gemäß § 111 bzw. § 115 StGB) geklagt hat, geht die HOSI Wien in die Offensive.
„Wir lassen uns nicht kriminalisieren, einschüchtern und zum Schweigen bringen“, erklärt HOSI-Wien-Obfrau Bettina Nemeth. „Auch die drohenden Kosten in fünfstelliger Höhe und die Höchststrafe von einem Jahr Gefängnis werden uns nicht davon abhalten, die Haltung der ÖVP zu kritisieren, den wegen ihrer Homosexualität verfolgten NS-Opfern einen Rechtsanspruch auf Anerkennung, Rehabilitierung und Entschädigung nach dem Opferfürsorgegesetz (OFG) zu verweigern, und die erbärmlichen Rechtfertigungen und Verharmlosungen des Abgeordneten Tancsits als das zu bezeichnen, was sie sind.“
Lassen uns nicht einschüchtern!
„Wir nehmen ihm auch nicht wirklich ab, dass er sich durch die in unserer Aussendung vom 4. März (OTS0075) im Rahmen eines politischen Meinungsstreits getätigten Äußerungen tatsächlich beleidigt und in seiner Ehre verletzt fühlt“, bezweifelt Krickler. „Und wenn er sich wirklich darüber grämt und kränkt, sollte er die Politik besser verlassen und lieber zur Bienenzucht wechseln. Wir vermuten vielmehr, dass es Tancsits nur darum geht, eine ÖVP-kritische NGO mundtot zu machen und ihr finanziell zu schaden. Und die HOSI Wien hat sich immerhin nicht nur als entschiedene Gegnerin der schwarz-blauen Koalition im Allgemeinen geoutet, sondern im Besonderen auch die konservativ-reaktionäre Politik der ÖVP in Sachen Gleichberechtigung von Lesben und Schwulen (§ 209, Antidiskriminierung, Eingetragene PartnerInnenschaft) stets heftig kritisiert – was die ÖVP sicherlich auch viele WählerInnenstimmen gekostet hat und kosten wird.“
„Diese Einschüchterungsmethode“, ergänzt Obmann Christian Högl, „haben im Übrigen die drei von den EU-14 eingesetzten Weisen Ahtisaari, Frowein und Oreja bereits in ihrem Bericht vom September 2000 heftig kritisiert.“ (Randnummern 97-103 des Weisenberichts). „Wir haben nun als Reaktion darauf die Initiative ‚SOS Meinungsfreiheit‘ ins Leben gerufen. Wir wollen damit aufzeigen, dass auch die ÖVP in den letzten fünf Jahren immer mehr zu einer antidemokratischen Partei mit radikal autoritärem Einschlag geworden ist, die mit Methoden, die bisher der FPÖ vorbehalten waren, versucht, KritikerInnen zum Schweigen zu bringen und die Meinungsfreiheit einzuschränken. Die Initiative soll Angriffe auf die Meinungsfreiheit in Österreich dokumentieren und Informationen dazu sammeln.“
HOSI Wien ersucht um internationale Prozessbeobachtung
„Da sich aufgrund unserer langjährigen negativen Erfahrungen unser Vertrauen in die österreichische Justiz in Grenzen hält“, ergänzt Krickler, „haben wir auch ausländische Botschaften, Abgeordnete zum Europäischen Parlament und Menschenrechtsorganisationen, wie die Internationale Helsinki-Föderation für Menschenrechte und amnesty international, ersucht, Prozessbeobachter zur Hauptverhandlung am 28. April 2005 vor dem Landesgericht für Strafsachen Wien zu entsenden. Es besteht wohl die Gefahr, dass kritische Homosexuelle gegen einen Abgeordneten der größten Regierungspartei von vornherein im Nachteil sind. Und offenbar spekuliert auch Tancsits damit, in der Justiz willige Vollstrecker zu finden, denn die Klagen machen aufgrund der einschlägigen Judikatur, die eindeutig zu unseren Gunsten ausfällt, sonst einfach keinen Sinn, zumal das gesamte Prozessrisiko bei der unterliegenden Partei liegt und diese sowohl im Zivil- als auch im Strafprozess sämtliche Kosten beider Parteien zu tragen hat.“
„Aber für den Fall, dass diese Rechnung aufgeht und wir die Sache bis nach Straßburg durchkämpfen müssen, ruft die HOSI Wien schon jetzt zu Spenden auf, die im Falle, dass sie vor Gericht obsiegt, auch wieder zurückgezahlt werden“, erklärt Nemeth abschließend. „Wir freuen uns aber auch über jede ideelle Unterstützung und Solidaritätsbekundung – alles Weitere dazu auf www.hosiwien.at/sos.“
HINWEIS: Ausführliche Präsentation der Initiative „SOS Meinungsfreiheit“ auf www.hosiwien.at/sos.