Sammlungsnummer
15805/2000
Geschäftszahl
B2116/98
Index
66 Sozialversicherung
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze
Norm
B-VG Art. 144 Abs. 1 / Legitimation;
B-KUVG § 56;
Leitsatz
Zurückweisung einer Beschwerde gegen die Abweisung eines Antrags auf
Mitversicherung des gleichgeschlechtlichen Lebensgefährten als
Angehörigen mangels Legitimation infolge Fehlens eines subjektiven
öffentlichen Rechts an der Mitversicherung eines Angehörigen
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung:
1. Der Beschwerdeführer ist als öffentlich Bediensteter nach
dem Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz (im folgenden
kurz: B-KUVG) pflichtversichert.
In seiner Beschwerde bringt er vor, daß er seit einem
bestimmten Zeitpunkt mit seinem gleichgeschlechtlichen Lebenspartner
in Lebensgemeinschaft lebe; sein Lebensgefährte führe ihm
unentgeltlich den Haushalt. Er habe zunächst bei der Landesdirektion
Oberösterreich der BVA einen Antrag auf Mitversicherung seines
Lebensgefährten als Angehörigen gem. § 56 Abs. 6 B-KUVG gestellt, da
dieser arbeitslos sei und kein anderer Versicherungsschutz in einer
anderen Pflichtversicherung bestehe. Dieser Antrag sei mit der
Begründung, daß nach dem Gesetzeswortlaut die Angehörigeneigenschaft
einem gleichgeschlechtlichen Lebensgefährten nicht zukomme,
abgewiesen worden.
Der dagegen im Instanzenzug angerufene Landeshauptmann von
Oberösterreich hat den erstinstanzlichen Bescheid bestätigt, da
Voraussetzung für die Anspruchsberechtigung gem. § 56 Abs. 6 B-KUVG die
„Andersgeschlechtlichkeit“ des Lebensgefährten sei.
2. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende
Beschwerde; der Beschwerdeführer behauptet, durch den angefochtenen
Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf
Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz wegen Anwendung eines
verfassungswidrigen Gesetzes verletzt worden zu sein. § 56 Abs. 6 B-KUVG
schließe in unsachlicher Weise die Mitversicherung eines
gleichgeschlechtlichen Lebensgefährten aus; dies zeige auch die
Entwicklungstendenz der Gesetzgebung – etwa im Strafrechtsbereich, wo
die Angehörigeneigenschaft in § 72 Abs. 2 StGB auf gleichgeschlechtliche
Lebenspartner ausgedehnt worden sei. Die (Un-)Gleichbehandlung
heterosexueller und homosexueller Lebensgefährten sei aufgrund von
Art. 8 EMRK unter dem Aspekt des Art. 7 B-VG besonders sensibel zu
betrachten.
Außerdem wird der Behörde noch ein Verfahrensmangel
vorgeworfen, da der Beschwerdeführer – entgegen den Ausführungen der
Behörde, daß die unentgeltliche Haushaltsführung durch seinen
Lebensgefährten von ihm nie behauptet worden sei – dies durch die
Antragstellung auf Mitversicherung seines Lebensgefährtens unter
Bezugnahme auf § 56 Abs. 6 B-KUVG „impliziert“ habe. Die Behörde hätte
sohin ein amtswegiges Ermittlungsverfahren durchführen müssen.
3. § 56 Abs. 1 B-KUVG idF BGBl. Nr. 200/1967 bzw. Abs. 6 B-KUVG
idF BGBl. Nr. 285/1981 lauten:
„§ 56. (1) Angehörige haben Anspruch auf die Leistungen, wenn
sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben und weder nach den
Vorschriften dieses Bundesgesetzes noch nach anderer gesetzlicher
Vorschrift krankenversichert sind und für sie auch seitens einer
Krankenfürsorgeeinrichtung eines öffentlich-rechtlichen Dienstgebers,
Krankenfürsorge nicht vorgesehen ist. Der gewöhnliche Aufenthalt im
Inland ist auch dann anzunehmen, wenn sich der (die) Angehörige
1. im Zusammenhang mit einem auf einem Dienstauftrag beruhenden
Auslandsaufenthalt des Versicherten im Ausland oder
2. an dem in einem Grenzort (§ 1 Abs. 4) befindlichen Wohnsitz des
Versicherten aufhält.
…
(6) Als Angehöriger gilt jeweils auch eine Person aus dem
Kreis der Eltern, Wahl-, Stief- und Pflegeeltern, der Kinder, Wahl-,
Stief- und Pflegekinder, der Enkel oder der Geschwister des (der)
Versicherten oder eine mit dem (der) Versicherten nicht verwandte
andersgeschlechtliche Person, die seit mindestens zehn Monaten mit
ihm (ihr) in Hausgemeinschaft lebt und ihm (ihr) seit dieser Zeit
unentgeltlich den Haushalt führt, wenn ein im gemeinsamen Haushalt
lebender arbeitsfähiger Ehegatte nicht vorhanden ist. Angehöriger aus
diesem Grunde kann nur eine einzige Person sein.“
4. Die Beschwerde ist unzulässig:
Wie der Verfassungsgerichtshof bereits wiederholt
ausgesprochen hat, ist die Beschwerdelegitimation nur dann gegeben,
wenn durch den bekämpften Bescheid irgendein subjektives Recht des
Beschwerdeführers verletzt worden sein kann, wenn mithin die
bescheidmäßige Anordnung oder Feststellung die subjektive
Rechtssphäre berühren kann, der Bescheid also subjektive Rechte
begründet (verändert) oder feststellt (s. z. B. VfSlg. 7226/1973 mWH).
Wie der Verfassungsgerichtshof ebenfalls schon ausgesprochen hat
(VfSlg. 5358/1966, 8746/1980), hat die Existenz
subjektiv-öffentlicher Rechte zwingend die Parteistellung im
Verwaltungsverfahren zur Folge, oder – anders gesagt – es kann die
für die Beschwerdeberechtigung maßgebende Möglichkeit, durch den
Bescheid in der Rechtssphäre verletzt zu werden, nur bei einer Person
vorliegen, der an der im konkreten Verwaltungsverfahren behandelten
Sache die Stellung einer Partei zugekommen ist. Allenfalls berührte
wirtschaftliche Interessen allein vermögen aber eine Parteistellung
nicht zu begründen (vgl. VfSlg. 13535/1993).
Davon ausgehend setzt die Zulässigkeit der vorliegenden
Beschwerde eines nach dem B-KUVG pflichtversicherten öffentlich
Bediensteten ein subjektives öffentliches Recht an der
Mitversicherung eines Angehörigen in seiner Versicherung voraus. Ein
solches subjektives öffentliches Recht müßte sich aus dem B-KUVG
ergeben; das Gesetz räumt aber in § 56 Abs. 1 nur dem Angehörigen bei
Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen einen Anspruch auf
Leistungen nach dem B-KUVG ein. Auch die Parteistellung im Verfahren
über die Feststellung der Angehörigeneigenschaft nach dem genannten
Gesetz kommt daher nur dem Angehörigen selbst, nicht aber dem
Pflichtversicherten zu (so auch VwGH 17. November 1992, Slg. Nr.
13.739/A). Auch aus der Tatsache, daß dem Beschwerdeführer ein
Bescheid zugestellt worden ist, kann der Beschwerdeführer – mangels
eines subjektiven Rechtes – keine Parteistellung herleiten (VfSlg.
14575/1996). Der Beschwerdeführer kann daher durch den angefochtene
Bescheid in keinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht
verletzt worden sein.
5. Dem Beschwerdeführer mangelt es sohin an der
Beschwerdelegitimation.
6. Die Beschwerde war daher gem. § 19 Abs. 3 Z. 2 lite VerfGG in
nichtöffentlicher Sitzung ohne mündliche Verhandlung zurückzuweisen.
Schlagworte
Rechte subjektive öffentliche, Sozialversicherung, Parteistellung
Sozialversicherung, VfGH / Legitimation, VfGH / Parteien
Dokumentnummer
JFT/09999386/98B02116